Etwas Neues „out of Africa“

■ Wir dokumentieren aus der Einleitung zum „Report über die Presse in Zentral- und im südlichen Afrika

Dieser Report geht von der Annahme aus, daß die Pressefreiheit Voraussetzung ist für die neu erwachenden Demokratien, die langsam — und unter Schmerzen — die Diktaturen ersetzen, welche diesen Kontinent in seinen gegenwärtigen Zusammenbruch geführt haben. In meinem Report zum Stand der Presse in Westafrika ('Index on Censorship‘ 6/1990) habe ich es schon einmal geschrieben: Die Argumentation, Afrika sei von der Gültigkeit der ansonsten universell anerkannten Werte auszunehmen, ist eine Beleidigung für alle, die einen so hohen Preis für ihr Engagement zur Durchsetzung dieser Werte bezahlt haben.

Mein Bericht ist das Ergebnis einer Reise, die ich zwischen Oktober und Dezember 1991 unternahm. Der Zeitpunkt hätte nicht günstiger sein können. In Simbabwe beispielsweise wurde ich Zeuge des Treffens aller Staatsoberhäupter der Commonwealth-Staaten, bei dem ein Staatsoberhaupt nach dem anderen sich öffentlich zu den demokratischen Werten bekannte, die sie drei Jahrzehnte allesamt eifrigst unterdrückt hatten. Einzige Ausnahme war Ngwazi Dr. H. Kamuzu Banda, Präsident auf Lebenszeit von Malawi, der weniger aufstand, als vielmehr hinfiel, und ohnehin nichts zu tun haben wünschte mit dem, was er lediglich als „neueste Mode aus Paris“ betrachtet. So hatte es ein anderer afrikanischer Diktator, Hissene Habre aus Tschad, genannt. Kurz nachdem er sich entsprechend geäußert hatte, war er auch schon gestürzt. Es ist wenig wahrscheinlich, daß Banda das gleiche Schicksal ereilen könnte — aus Gründen, die ich in dem entsprechenden Teil meines Berichtes näher ausgeführt habe. Jedoch kann der nach inoffiziellen Schätzungen nunmehr 93jährige (sein Alter ist ein Staatsgeheimnis) kaum hoffen, noch sehr viel länger zu überleben. Zwar haben Gerüchte über sein Ableben schon öfter die Runde gemacht, als die politischen Gefangenen Malawis zählen können, aber immerhin: Er ist in Harare wirklich hingefallen (auch wenn die malawische Presse diese Einzelheit in ihren Berichten ausließ)! Man wünscht ja niemandem den Tod, aber in diesem Fall wird man mir verzeihen, wenn ich die Hoffnung nicht aufgebe (dem malawischen Hochkommissar in London zur Kenntnisnahme).

Malawi ist jedoch die Ausnahme. Ich hatte ebenfalls das Glück, gerade in Sambia zu sein, als die Wahlen stattfanden, die der 27 Jahre dauernden Herrschaft Kenneth Kaundas ein Ende machten, diesem selbsternannten Humanisten und führenden Vertreter der kruden Spezies, genannt „Einparteiendemokratie“. Immer wieder etwas Neues „out of Africa“... Wo sonst würde es eine so offene Sophistik zum Rang einer politischen Philosophie gebracht haben? Aber so waren die Zeiten. Bis vor kurzem brauchte man seine antiimperialistischen Fahnen nur an den Mast nageln, und schon wurde man von vielen auf beiden Seiten ernst genommen: von einer geknechteten Bevölkerung, die den Preis des Widerspruchs nur allzugut kannte, und von den europäischen Regierungen — von den europäischen Medien ganz zu schweigen —, denen es vollkommen gleichgültig war, wie viele Eingeborene aus puren Machterhaltungsgründen gefangengenommen und gefoltert wurden. Immerhin ist jetzt, wie das Treffen in Harare und die Wahlergebnisse in Sambia bewiesen haben, die Lüge beim Namen genannt worden. Der Ruf nach einer Mehrparteiendemokratie erschallt überall, selbst in Ländern, die zumindest offiziell weiter das Gegenteil behaupten (dem malawischen Hochkommissar in London zur Kenntnisnahme).

Die beiden anderen Länder, mit denen dieser Report sich beschäftigt, Botswana und Namibia, sind funktionierende Demokratien; Botswana seit der Unabhängigkeit von 1966, Namibia erst seit zwei Jahren. Botswana jedoch ist aus anderen Gründen gewissermaßen eine Anomalie, weil die Bevölkerung des Landes eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt genießt; diese Tatsache sollte bei allen Diskussionen über die relative Stabilität des Landes bedacht werden. Was Namibia angeht, so kann man nur feststellen, daß es offenbar von Vorteil ist, erst dann die Unabhängigkeit zu erreichen, wenn fast der gesamte Kontinent die Absurdität autoritärer Regierungen schon erkannt hat. Die Namibier brauchen sich nur das Schlachtfeld Afrika anzusehen, um zur Auffassung zu kommen, daß eine Mehrparteiendemokratie mit all ihren Freiheiten vielleicht doch keine so schlechte Idee und vielleicht sogar die einzige Rettung ist. Adewale Maya-Pearce