Endlich Schluß mit der „Ein-Parteien-Demokratie“

Die Presse vor und nach den Wahlen in Sambia  ■ Von Adewale Maya-Pearce

Als ich Ende Oktober in der sambischen Hauptstadt Lusaka eintraf, war Präsident Kaunda bereits vom Treffen der Commonwealth-Staatsoberhäupter zurückgekehrt. Seine frühe Rückkehr war keine Überraschung, denn schließlich bereitete sich das Land auf die ersten demokratischen Wahlen seit Dezember 1972 vor, als nämlich Kaundas UNIP-Partei (United National Independence Party), seit 1964 an der Regierung, zur einzigen legalen Partei des Landes erklärt wurde.

Es stellte sich heraus, daß das Treffen in Harare Kaundas Schwanengesang gewesen war. Innerhalb meiner ersten Woche in Lusaka war Kaunda entmachtet. Seine Einheitspartei hatte bei den Wahlen eine demütigende Niederlage erlitten. Die MMD, geführt von ihrem charismatischen Vorsitzenden, dem Gewerkschaftler Frederick Chiluba, übernahm die Macht. Der Ex-Präsident, plötzlich eine sehr verlorene Figur auf der politische Bühne, verließ das Staatsgebäude und verkündete seinen Rückzug aufs Land.

Die Ironie der historischen Situation wollte es, daß das Flugzeug, mit dem er nordwärts entschwand, in eben dem Moment über das Gebäude im Zentrum Lusakas flog, als der neue Präsident des Landes vom Obersten Richter eingeschworen wurde. Das jedenfalls war die Interpretation der Menschenmenge, die die laut röhrende Unterbrechung des Zeremoniells gutgelaunt ausbuhte und sich dann mit Ernst wieder dem zuwandte, was zu einer außerordentlich bewegenden Erfahrung wurde. Bewegend war nicht nur die Disziplin und das fast greifbare Wohlwollen der Menge vor dem Gebäude des Obersten Gerichts, deren Zahl eine Zeitung später auf 600.000 schätzte, sondern schon die Tatsache, daß sie überhaupt da war. Sambia hatte durch sein Beispiel bewiesen, daß es auch einem afrikanischen Land möglich ist, auf friedliche Weise eine Veränderung der Machtverhältnisse herbeizuführen. Das hätte nach Meinung derer, die wie Kaunda selbst immer wieder behaupten, daß verarmte afrikanische Staaten mit ihrem äußerst fragilen Nationalgefüge zu einer „Demokratie nach westlichem Vorbild“ nicht fähig sind, nicht passieren dürfen. Ihre Vorstellung, daß nur die „Ein-Parteien-Demokratie“, eine Contradictio-in-adjecto, ein Abrutschen ins Chaos verhindern könne, war hiermit als Lüge entlarvt.

Der Tyrann, der geliebt werden wollte

Der malawische Präsident Banda hatte an seiner Haltung gegenüber jeglicher Opposition, und wie mit ihr zu verfahren sei, nie Zweifel gelassen: „Sie sind wilde Tiere. [...] Sie müssen vernichtet werden. [...] Sperrt sie ein, und wenn sie sich wehren, macht mit ihnen, was nötig ist, ich werde euch nicht in den Arm fallen.“

Kaunda versuchte jedoch, seine Version von Tyrannei mit einer Sophistik zu rechtfertigen, in der selbst die Haft seiner politischen Gegner noch unhinterfragbares Moment seiner politischen Ideologie, des „Humanismus“ war. „Der Humanismus“, so Kaunda in einer seiner vielen Veröffentlichungen, „ist angesiedelt auf der Grenzlinie zwischen Religion und Politik, er ist ein Programm, das sich aus den wichtigsten, den besten Bestandteilen aller Religionen ergibt: Liebe, Mitleid und Dienst am Nächsten als Gabe an das Volk.“ An anderer Stelle in dem Text Brief an meine Kinder verteidigt Kaunda den Einparteienstaat: „Einige Beobachter sehen mit Besorgnis eine Ein-Parteien-Demokratie entstehen, in der die Oppositionsparteien gegängelt und nationale Ressourcen ausgebeutet werden, um den unmittelbaren Herausforderungen der Situation zu begegnen. [...] Wir müssen aber begreifen lernen, daß es möglich ist, frei zu sein, auch wenn Freiheiten eingeschränkt werden, nämlich dann, wenn aufrechte Männer einer treuen Nation wirklich dienen. Es ist pure Notwendigkeit, daß der Staat überleben muß und sich dem Druck nicht beugen darf, weder dem Stammesstreit im Innern noch der Subversion, die von außen droht.“

Es ist sicher kein Zufall, daß Kaunda dieses Buch im selben Jahr schrieb, als er dem politischen Pluralismus im Lande ein Ende bereitete, und daß es „Der Jugend Sambias“ gewidmet war, seinen „Kindern“ im Geiste. Man könnte den Unterschied zwischen Banda und Kaunda wie folgt beschreiben: der eine Tyrann will geliebt werden, dem anderen ist es scheißegal. Aber beide rechtfertigen ihre Herrschaft auf Kosten der Integrität ihrer Völker, was Kaunda offenbar auch dunkel ahnt — und ebenso dümmlich zurückweist: „Mich treibt eine ständige Furcht, daß die große Macht, die mir die Nation angetragen hat, womöglich [...] die Integrität derer verletzt, die auf der anderen Seite stehen, dort, wo Macht ausgeübt wird.“ Die Sprache verrät ihn, wie sie das gerne tut, denn die „große Macht“, von der er spricht, wurde ihm nicht angetragen, er hat sie ergriffen. Wie dem auch sei: ein Zustand von Machtlosigkeit ist per definitionem verletzte Integrität, und die Tatsache, daß Kaunda sich zum Schluß dem Widerstand beugte oder sogar, daß die Bevölkerung Sambias — im Gegensatz zu der Malawis — ihren Herrscher zur Abdankung zwingen konnte, macht jeden Vergleich zwischen den beiden Diktaturen schließlich zur puren Rhetorik. Freie Wahlen waren — und sind — in Malawi undenkbar, wie Banda kürzlich wieder einmal in einer Rede vor den Getreuen seiner Partei betonte, indem er — wohl zum tausendsten Male — den Teufel des notwendigerweise folgenden Chaos an die Wand malte.

Diese Lüge wurde jedoch in dem Moment entlarvt, in dem Kaunda der Boden unter den Füßen wegsackte. Es gab keinen Bürgerkrieg in Sambia, auch keinen „Stammesstreit“, und die einzige Gefahr von Gewalt — die einzige Gewalt überhaupt — ging von Kaundas Partei, der UNIP, aus.

Folgendes war im 'Eagle Express‘ zu lesen, einer der beiden Zeitungen, die im Vorfeld der Wahlen plötzlich an die Kioske kamen:

„Die Wahrheit über die MMD ist, daß sie außer der Verurteilung der UNIP und des Einparteienstaates nichts anzubieten hat. Falls sie durch ein Wunder tatsächlich an die Macht kommt, werden die Leute dieser Partei eine Legislaturperiode lang nichts anderes tun, als Lügen und Beleidigungen über die UNIP zu verbreiten, denn auf diesem Gebiet liegt ihre einzige Meisterschaft. Was soll man auch anderes erwarten von diesem zusammengewürfelten Haufen aus Mandrax-[Drogen]-Händlern, Ex- Verschwörern, machthungrigen Elementen, Diktatoren, Stammeshäuptlingen, falschen Priestern und korrupten, unzufriedenen Versagern? [...]

Die Wahlen sind geheim, aber jeder Wähler sollte sich klarmachen, daß der Friede, den wir 27 Jahre lang unter der dynamischen Führung von Präsident Kaunda genossen haben, auf dem Spiel steht. Wenn er in einem Anflug von Begeisterung verloren geht, werden keine Hände ihn wieder schaffen können. Mit der politischen Führung zu experimentieren, hat noch nie Frieden gebracht, sondern nur unermeßliches Leid und endloses Chaos. Die Mehrheit der Staaten sind weltweit auseinandergebrochen durch unbedachtes Wahlverhalten, und deshalb ist es so notwendig, mit Klugheit seine Stimme abzugeben.“ (31.Oktober 1991)

Wie sich hieran zeigt, hatte das Erscheinen dieser Zeitung wenig zu tun mit ausgewogener Berichterstattung (und noch weniger mit Pressefreiheit), dagegen jedoch alles mit dem Mißbrauch einer demokratischen Öffnung, die zudem die Geldgeber dieses Blattes 27 Jahre lang verhindert haben. Deshalb war es nur logisch, daß die Zeitung nach den Wahlen ebenso schnell wieder verschwand wie sie aufgetaucht war. Man konnte das Blatt kaum eine echte Zeitung nennen, wie auch sein Konkurrent, der 'Daily Express‘, wenig mehr war als ein Propagandablatt für die MMD.

Der Artikel bestätigte mit seiner Panikmache und hysterischen Beschimpfung der Opposition, die selbst einen loyalen UNIP-Wähler mißtrauisch machen mußte, nur den Verdacht, daß die UNIP im Grunde von Anfang an wußte, wie das Ergebnis aussehen würde. Der 'Eagle Express‘ drückte in diesem Artikel wie in zahllosen weiteren dieser Art („Die dunkle Seite der MMD“, „Die zehn großen Widersprüche der MMD“ etc.) nur die Panik der UNIP-Spitze aus, die ich selbst bei einer ihrer Riesenaufmärsche der Getreuen eine Woche vor den Wahlen in Lusaka beobachten konnte.

Nicht genug damit, daß Kaunda — zu seiner ewigen Schande sei es gesagt — seine Worte ebensowenig präzisierte wie die Schreiberlinge des 'Eagle Express‘ (allerdings kann man von einem Politiker, der um sein politisches Überleben kämpft, wohl nichts anderes erwarten). Schlimmer jedoch war das Verhalten seiner Ordner, rekrutiert aus den Massen der fliegenden Händler und Bettler von den Straßen Lusakas. Beim Abgreifen von Oppositionellen waren sie unerbittlich, und wüst die brutale Behandlung ihrer Opfer. Da gab es inmitten einer Menschenmenge plötzlich Unruhe, man sah eine hilflose Gestalt, die aus der Menge gezerrt wurde, und sechs Männer, die sie von einem Ende der Straße bis zum anderen vor sich hertrieben, traten und schlugen. Derweil redete der große Humanist über alles hinweg, überhäufte Oppositionelle mit persönlichen Beschimpfungen, und die Polizei stand müßig daneben. Es wäre falsch, nur über die zu klagen, die auf so brutale Weise die Drecksarbeit erledigten. Man brauchte nur durch die Straßen Lusakas zu gehen und sah die Verzweiflung in den Gesichtern anderer; sie alle wären bereit gewesen, für den Preis einer Mahlzeit das gleiche zu tun.

Immerhin führten die Schläger nur die Befehle ihres Herren auf dem Podium aus; der seinerseits war alles zu tun bereit, um am Ende doch wieder nur die Verweifelung zu perpetuieren, die er jetzt für sich auszunutzen versuchte.

Zeitungen im Mahlstrom des Umschwungs

Die Demonstrationen der MMD waren dagegen friedliche und geordnete Versammlungen. Ihre Führung aber wußte auch, daß sie die UNIP an den Urnen schlagen würde, gesetzt den Fall, die Wahlen würden unbehindert stattfinden können. Außerdem mußte die MMD keine 27jährige Mißherrschaft verteidigen, die von der Bevölkerung für alles Elend verantwortlich gemacht wurde. Überall, ob auf den Straßen Lusakas, in den Bars der Stadt oder anderswo, waren die Sympathien für die MMD unüberhörbar. Mit anderen Worten: für die MMD reichte es, Opposition zu sein. Deshalb konnte der 'Daily Express‘ sich in seiner Berichterstattung auf wirkliche Probleme konzentrieren und mußte sich an den Schlammschlachten des Rivalen nicht beteiligen. Das ist natürlich auch der Grund, warum die Zeitung die Wahlen überlebte.

Eine Frage, der sich die Zeitung zuwandte, war der Ausnahmezustand, der im Januar 1976 erklärt worden und erst von der neuen Regierung schließlich, im Dezember 1991, aufgehoben wurde. Das Gesetz zur „Wahrung der Inneren Sicherheit“ erlaubte unbegrenzte Haft ohne Anklage oder Gerichtsverfahren für den Beschuldigten. Es wurde flächendeckend angewandt, um jegliche Opposition, einschließlich der Studenten, Gewerkschaftler und Medien des Landes, verstummen zu lassen. Daß der Ausnahmezustand selbst in der Vorwahlzeit nicht aufgehoben wurde, war für die MMD natürlich ein Stein des Anstoßes. Der 'Daily Express‘ ging noch weiter und stellte die Rechtmäßigkeit des Ausnahmezustands unter demokratischen Bedingungen generell in Frage: „Der Vizepräsident der MMD hat erklärt, daß der Ausnahmezustand nicht weiter existiert, da für ihn unter der neuen Verfassung keine gesetzliche Handhabe mehr besteht. Mr. Mwanawasa warnt die Polizei, daß er nach den Wahlen gegen alle vorgehen würde, die weiterhin unschuldige Menschen verfolgen und in den frühen Morgenstunden überfallen und verhaften. [...] Er sagte weiter, daß seiner Auffassung nach der Ausnahmezustand mit dem Tag erloschen sei, an dem die neue Verfassung inkraftgetreten ist, die eine politische Beteilgung mehrerer Parteien ermöglicht habe, also am 4.September.“ (25.Oktober 1991)

Der 'Eagle Express‘ ignorierte dieses Problem selbst dann noch, als es von einer Gruppe von Wahlbeobachtern des Commonwealth (COG) aufgegriffen wurde. Die 'Times of Zambia‘ berichtete immerhin so viel: „Die Beobachter der COG [...] haben zusammen mit anderen die Aufhebung des Ausnahmezustands verlangt und die Polizei aufgefordert, Demonstrationen und Versammlungen der politischen Parteien nicht zu stören. Eine Stellungnahme, die gestern in Lusaka verlesen wurde, machte bekannt, daß die COG mit Beamten der Wahlkommission zusammengetroffen sei. Bei diesem Treffen seien beide Fragen erörtert worden. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden sie im Regierungspalast von Präsident Kaunda empfangen.“ (29.Oktober 1991)

Die Tatsache, daß diese Meldung überhaupt auf den Seiten der 'Times‘ ihren Platz fand, immerhin der ältesten Zeitung des Landes, war ein schlagender Beweis dafür, wie sehr die Zeiten sich seit meinem letzten Besuch vor weniger als zwölf Monaten in diesem Lande geändert hatten. Genau wie ihre Rivalin, die 'Zambia Daily Mail‘, fungierte die 'Times‘ seit ihrer Übernahme durch die UNIP 1975 als Sprachrohr der Regierung. Kurze Zeit später wurde die Gesetzmäßigkeit dieser Übernahme der 'Times‘ sogar von der MMD vor Gericht bestritten (während meines Aufenthalts wurde der Fall allerdings nicht entschieden).

Inzwischen nutzte die Redaktion der 'Times‘ die Gunst der Stunde, wenn auch vielleicht bloß, um ihre Selbstachtung wiederzugewinnen, von der im Laufe der Jahre nicht viel geblieben war. Mit Gusto stürzte es sich in das Abenteuer ausgewogener Berichterstattung, für die der folgende Auszug ein gutes Beispiel ist.

„Nach zehn Monaten dröhnender Wahlkampagne haben sowohl die regierende UNIP als auch die MMD die Masse ihrer Wähler nur in Verwirrung gestürzt. Unter besseren Bedingungen hätte es eine starke dritte Partei gegeben, die beiden Parteien Saures gegeben hätte. Denn beide Parteien haben zuviel gedroht und geflucht, beschimpft, verleugnet und gelogen und dabei wichtige Fragen nicht gestellt.

Beide Parteien wollen den verwirrten Wähler glauben machen, daß der Fehler nur beim anderen läge, aber in aller Fairneß muß gesagt sein, daß beide Parteien schuld daran waren und beide die Hoffnungen und Erwartungen der Bevölkerung für sich zu monopolisieren versuchten...

Die UNIP hat wenig Gründe angeben können dafür, warum ihr Verbleiben an der Macht dieses Mal zum Wohle des Volkes sein sollte.

Es gab zuviele Vorfälle, bei denen die Führer beider Parteien sich einzig darauf konzentrierten, ihre Rivalen zu diskreditieren, beleidigen und einzuschüchtern.

Dieses fruchtlose und geldverschwendende Vorspiel allein hat genügt, Unternehmer zu Angstverkäufen und zur Flucht aus dem Land zu veranlassen, die Konsumenten in Panikkäufe zu treiben und andere, ihre Häuser zu verbarrikadieren aus Angst vor dem Blutbad, vor dem beide Parteien gewarnt haben.

Es ist pure Scheinheiligkeit, den Wählern zu sagen, es bestünde kein Grund zur Panik und zu Hamsterkäufen: Die UNIP und die MMD haben beide die Medien, haben Häuptlinge und ihre Ältesten bedroht [...], sie haben die Kirchen eingeschüchtert und jede nur mögliche politische Dummheit begangen. Die UNIP hat zusätzlich ihre Staatsbeamten- und Unternehmerschaft verunsichert mit ihren Warnungen vor politischer Betätigung und ihren Prophezeiungen eines Bürgerkriegs für den Fall eines MMD-Wahlsieges.“ (26.Oktober 1991)

Aber all dies war, zumindest was die Journalisten der Zeitung betraf, zu wenig und kam zu spät. Trotz des oben Zitierten beklagten sie sich darüber, daß ihre Berichte weiterhin aus politischen Gründen „redaktionell bearbeitet“ wurden. Natürlich ist es möglich, daß sie einfach endlich alle Wut loswerden wollten, die sie so lange geschluckt hatten, und ihr Verhalten nach der Wahl bestärkt diese Interpretation. In einer Petition an die „National Media Corporation“, in deren Besitz die 'Times‘ ist, forderten sie die Entlassung des Chefredakteurs Bwendo Mulengela und verlangten „einen sauberen Bruch mit der vergangenen Zeit“. Sie hinterfragten Mulengelas Befähigung zur Führung einer Zeitung und schrieben: „Wir bitten Sie dringend, in Zukunft darauf zu achten. Wir sind der Auffassung, daß nur durch Beachtung dieses grundlegenden Prinzips die Reputation dieser Zeitung wiederhergestellt werden kann.“ (7.November 1991)

Versicherung bis in die Chefredaktion

Wenn schon die Journalisten der 'Times‘ Grund zur Klage hatten, so hätten ihre Kollegen von der 'Mail‘ erst recht die Dinge ihrer Zeitung in die eigene Hand nehmen müssen. Auch diese Zeitung ist im Besitz der National Media Corporation, wird jedoch eher von der Regierung als von der Partei geführt.

Die 'Mail‘ fuhr nämlich ungebrochen mit ihrer unkritischen Unterstützung des diskreditierten Regimes bis zum Wahltag (unter dem schönen Motto: „Without fear or favour“) fort. Allerdings wurde sie dabei täglich defensiver. Nachdem andere Zeitungen beispielsweise über die Forderungen der COG nach Aufhebung des Ausnahmezustands berichtet hatten, konnte sie diese Frage nicht weiter ignorieren. Sie beschäftigte sich jedoch ausschließlich mit Kaundas Reaktion:

„Präsident Kaunda bekräftigte gestern erneut, daß er den Ausnahmezustand nur aufheben werde unter der Bedingung, daß die UNIP an der Regierung bliebe und die Stabilität des Landes gewährleistet sei.

Kaunda betonte ebenfalls, daß der Ausnahmezustand, dessen Beendigung die Kirche und die MMD fordern, nicht dazu diene, die Freiheit der Menschen einzuschränken, sondern das Wohl aller sambischen Bürger sichern helfe. Der Präsident erklärte, daß sich nur diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten könnten, über den Ausnahmezustand beklagen würden, während gesetzesfürchtige Bürger keinen Grund zur Befürchtung hätten. ,Der Ausnahmezustand wird aufgehoben, wenn die Wahlen in Ruhe vonstatten gehen und Frieden im Land herrscht. Dann gibt es keinen Grund, ihn nicht aufzuheben‘, sagte der Präsident.“ (3. November 1991)

Erst im letzten Absatz des Artikels wird die Forderung der internationalen Beobachter der COG kurz erwähnt: „Die COG diskutierte den umstrittenen Ausnahmezustand und seine Folgen für den Wahlkampf sowie die Frage des Verhaltens der Polizei bei politischen Versammlungen und Demonstrationen.“

Die 'Mail‘ versuchte auch in einer anderen Frage ihr bestes zu tun, um den Präsidenten zu verteidigen. In einem Artikel auf der ersten Seite nahm sie ihn gegen Vorwürfe in Schutz, er habe in seinen öffentlichen Reden zur Gewalt aufgerufen:

„Präsident Kaunda verwahrte sich gestern gegen den Vorwurf, er hetze die Nation in eine Stimmung hysterischer Gewaltbereitschaft durch seine wiederholten Warnungen vor einem Chaos für den Fall, daß die UNIP die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen dieser Woche verlieren sollte.

Vor einer riesigen Menschenmenge auf Lusakas Kafue-Platz sagte er, seine Warnungen hätten nicht zum Ziel, Angst zu erzeugen oder die Menschen aufzuhetzen, sondern er wolle sie lediglich dazu aufrufen, ihre Stimme mit Bedacht abzugeben, damit ein wirtschaftliches, politisches und soziales Chaos vermieden würde.

Seiner Meinung nach sei die UNIP die einzige regierungsfähige Partei und nur sie in der Lage, ein bezahlbares Gesundheits- und Bildungssystem zu schaffen. Unter jeder anderen Partei würde es zu Unruhen kommen, bei denen Besitz und das Leben vieler in Gefahr wären.“ (28. Oktober 1991)

Aber selbst die Leute von der 'Mail‘ lebten schließlich in derselben Welt wie alle anderen, und wie unsicher sie sich über Kaundas Zukunft waren, sieht man an den Widersprüchen, in die sich der Artikel selbst verwickelt. Nein, genau genommen hetzte er nicht „die Nation in eine Stimmung hysterischer Gewaltbereitschaft“; aber seine Warnung vor einem „wirtschaftlichen, politischen und sozialen Chaos“ für den Fall, daß die UNIP die Wahlen verliert, könnte durchaus in diese Richtung verstanden werden.

Diese Unsicherheit wurde auf Leitungsebene ebenfalls deutlich, als ich versuchte, den Chefredakteur Cyrus Sikazwe zu interviewen. Zunächst stimmte er einer Verabredung zu. Als ich zum verabredeten Zeitpunkt erschien und ihm ein Exemplar von 'Index on Censorship‘ zeigte, beschloß er, daß es eigentlich doch gerade nicht „paßte“. Ich bestand auf unserem Treffen. Daraufhin schob er eine unvorhergesehene Verabredung vor, sagte mir am Ende aber immerhin einen neuen Termin zu. Als ich zu dieser Verabredung erschien, sagte mir seine Sekretärin, daß er soeben das Haus verlassen habe und sobald nicht zurückkehren würde. Aber er käme doch heute noch wieder, fragte ich, und wann genau. „Vielleicht erst in sieben Stunden“, sagte sie, „aber vielleicht auch erst morgen.“ Ich fragte, ob ich vielleicht seinen Vertreter sprechen könnte, es stellte sich heraus, daß auch er unabkömmlich war. Schließlich gab ich mich mit einem Interview mit einem der Redakteure zufrieden, einem freundlichen Mann, der jedoch alle „schwierigen“ Fragen lieber den Chef beantworten lassen wollte.

Diese Erfahrung kontrastierte mit der bei der 'Times‘, wo sich der kontroverse Chefredakteur Bwendo Mulengela sofort mit mir zu einem Interview hinsetzte. Später stellte sich allerdings heraus, daß Mulengela einfach unter größerem Druck seiner Redakteure stand und ein Interview mit mir möglicherweise als nützlich für sein Überleben bei dieser Zeitung nützlich befand.

Tatsächlich kann man im Umgang mit offiziellen Presseorganen gar nicht zynisch genug denken. Als Beweis nehme ich den Artikel der 'Mail‘ am Tag nach der Wahl:

„Der charismatische Führer der Bewegung für eine Mehr-Parteien-Demokratie (MMD), Mr. Frederick Chiluba, wurde gestern als zweiter Präsident der Republik Sambia im Gebäude des Obersten Gerichtshofes eingeschworen. [...] Präsident Chilubas Machtantritt ist das Ergebnis eines erdrutschartigen Sieges, den seine Partei über den früheren Präsidenten Kaunda und seine Nationale Einheitspartei, die 27 Jahre an der Regierung war, errungen hat. [...] Der neue Präsident versprach, daß er dem Manifest der MMD folgen werde und seine Präsidentschaft freihalten wolle von dem, was er ,Korrumpiertheit, Diktatur und Selbsttäuschung‘ nannte. [...] Mr. Chiluba, ein ausgewiesener Gegner der Einparteienherrschaft, warnte die Regierung, die in Kürze neu zu ernennen sei, daß die Bürger Sambias Taten sehen wollten; man habe sie nicht gewählt, damit sie sich an Macht und Ämtern erfreuen könnten, sondern weil man harte Arbeit von ihnen erwarte. Präsident Chiluba drückte sein Vertrauen aus, daß Sambia seine Wirtschaftskrise überwinden werde und sagte, daß seine Regierung ein Land übernehme, das von Armut und Korruption gebeutelt worden sei durch eine Partei und ihre Anhänger, die allzu lange an der Macht gewesen sind.“ (3. November 1991)

Das war natürlich alles ganz treffend und richtig so, insofern es Chilubas Rede anging. Die 'Mail‘ vergaß allerdings bei all dem zu sagen, daß sie selbst diesen Einparteienstaat immer kräftig unterstützt hatte, der von „Korrumpiertheit, Diktatur und Selbsttäuschung“ durchsetzt gewesen war, worüber zu sprechen sie erst jetzt — und schamlos eifrig — bereit war.

Angesichts dieses Artikels geht man wohl nicht fehl in der Annahme, daß es der 'Mail‘ nicht schwerfallen wird, zu den neuen Machthabern umzuschalten — es sei denn, die MMD setzt in die Tat um, was sie in ihrem Manifest versprochen hat. „Die MMD wird die fundamentalen Rechte und Freiheiten aller sambischen Bürger schützen.“ Erst damit wäre garantiert, daß die Presse die ihr angemessene Rolle in einer Demokratie spielen kann.

Es gibt übrigens keinen Grund, hieran zu zweifeln. Aber selbst wenn dies nicht der Fall wäre, könnte sich die sambische Öffentlichkeit immer noch auf die beiden Wochenzeitungen des Landes verlassen, den 'National Mirror‘ und die 'Weekly Post‘, die ihr Engagement für die Werte einer echten Pressefreiheit schon jetzt unter Beweis gestellt haben.

Die Mühen wirklicher Unabhängigkeit

Von diesen beiden Zeitungen ist der 'National Mirror‘, der 1971 als Organ des „Christian Council of Zambia“ begann, das bei weitem etabliertere Publikationsorgan. Als Kirchenzeitung füllt sie natürlich viele ihrer insgesamt 16 Seiten mit Angelegenheiten der Kirche in Sambia, und das ist ganz sicherlich auch der Grund für ihre relativ niedrige Auflage von 20.000. Nach den Worten ihres Chefredakteurs Fanwell Chembo hat sie jedoch immer auch als „Stimme der Zum-Schweigen- Gebrachten“ fungiert. „Wir opponieren gegen jegliche Ungerechtigkeit“, sagte er mir bei unserem Gespräch in seinem Büro, „egal auf welcher Ebene.“ Er wies die Vermutung, das Blatt habe in der Vorwahlzeit die MMD unterstützt, zurück; seine Zeitung verstehe sich nicht als „Kampfblatt“. Auf der anderen Seite gehörten seine Sympathien, auch angesichts eigener schlechter Erfahrung mit der UNIP, eindeutig der Opposition, wenn auch nur aus dem Grund, daß er einen Machtwechsel in jedem Fall als gesünder für die Entwicklung der Gesellschaft ansah. Erst im letzten Jahr hatte sich der 'Mirror‘ nach einer Serie kritischer Artikel über die Korruption innerhalb der herrschenden Partei den Zorn selbiger zugezogen. In typischer Rachsucht hatte die UNIP alle staatlichen Unternehmen dazu gebracht, keine Anzeigen mehr zu schalten. Nach Meinung von Fanwell Chembo überlebte die Zeitung nur, weil Kaunda zögerte, die Kirche direkt gegen sich aufzubringen. Dennoch kam der 'Mirror‘ nur deshalb eben noch mit einem blauen Auge davon, weil private Unternehmen die entstandene Lücke infolge des UNIP-Eingriffs mit ihren Werbeaufträgen schlossen.

Auch nach einem Jahr noch, nunmehr die Wahlen im Anzug, hatte der 'Mirror‘ einiges an Attacken von seiten der Regierung auszustehen. Wagte ein 'Mirror‘-Reporter auf einer Pressekonferenz eine Frage zu stellen, wurde er unweigerlich beschimpft. „Halten Sie den Mund, Sie Idiot. Schweigen Sie gefälligst“, und ähnliches kam nicht selten vom Präsidenten hochselbst. Solcherlei Ungehobeltheit war nicht nur unwürdig, sondern wurde vom 'Mirror‘ auch als solche behandelt, nämlich ignoriert. Es wäre für die Redaktion wahrhaft ein Leichtes gewesen, mit ähnlichen Schimpftiraden zu reagieren, man beschloß jedoch, sich mit Einschätzunben dieser Art gegenüber der UNIP zurückzuhalten. Ein Beispiel für den Ton der Zeitung ist der folgende Auszug aus einem langen und recht akademisch daherkommenden Artikel in der letzten Ausgabe vor den Wahlen:

„Eine neue Art der politischen Führung ist in Afrika auf den Plan getreten, die entschlossen und bereit ist, das Bild dieses Kontinents zu verändern. Es gibt keinen Zweifel, daß sie von den Vertretern der alten Kräfte, die den Status quo erhalten wollen, behindert, zurückgehalten und sogar zerschlagen werden, wo es nur geht. Der größte und überzeugenste Faktor ihrer Macht erweist sich für die neuen Kräfte wie beispielsweise [...] die MMD in Sambia daran, daß deutlich geworden ist, wie wenig die alten Garden mit der Praktizierung von Demokratie wirklich im Sinn haben, selbst wenn sie jetzt ihre fanatischsten Prediger sind [...]. Die Politik der herrschenden Partei wird verworfen, weil sie Unterdrückung und Korrumpiertheit bedeutet. Man braucht all die Akte der Unterdrückung des eigenes Volkes, die sich die herrschende Partei hat zuschulden kommen lassen, nicht noch einmal aufzuzählen, und man muß auch nicht erinnern an ihren Umgang mit den eigenen Leuten, die ihnen aus dem Ruder zu laufen drohten. Wieviele sind nicht politisch vernichtet oder durch Unterdrückung und Korruption in den eigenen Reihen zu politischen Nullen gemacht worden.“ (28. Oktober/3. November 1991)

Der Inhalt dieses Artikels war zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung nichts anderes als eine Aufforderung, die UNIP zu entmachten. Auch das Editorial dieser Ausgabe ist kaum verhüllte Aufforderung, die MMD zu wählen: „Bitte achten Sie darauf, daß Sie eine Partei wählen, zu deren Zielen gehört, die Menschenrechte zu respektieren und jegliche Unterdrückungsmaßnahmen wie den Ausnahmezustand abzuschaffen. Ja, Sie alle brauchen eine Regierung, die konsequent ist und Ihnen Rede und Antwort steht.“ (28. Oktober/3. November 1991)

Wie vorsichtig die Unterstützung für die Opposition auch war, so verstanden doch beide Parteien den Wink. Die MMD schaltete ganzseitige Ahzeigen, und die UNIP versuchte, die Existenz der Zeitung zu ignorieren.

Dasselbe galt für die 'Post‘, eine unabhängige Zeitung, die sich im besitz der „Post Newspaper Limited“ befindet, einem Konsortium von 25 Anteilseignern, deren Anteile auf ein Maximum von 15 Prozent der Gesamtanteile beschränkt sind. Anders als der 'Mirror‘ jedoch muß die 'Post‘, die erst im Juli 1991 gegründet wurde, ihre Unabhängigkeit noch beweisen. Ihre breite Anti- UNIP-Front wurde zumindest als erstes von der UNIP selbst begriffen, die sofort ihre staatliche Druckerei, Printpak, bei der alle Zeitungen des Landes — außer 'Mirror‘ und 'Mail‘ — gedruckt werden, zum Boykott der 'Post‘ aufforderte.

Zur Ehre des Printpak-Direktors Henry Chipewo sei gesagt, daß er sich diesem Druck widersetzte und darauf beharrte, daß es nicht seine Aufgabe sei, Politik zu machen, sondern ein Unternehen nach rein wirtschaftlichen Maximen zu führen; dennoch ist natürlich unerträglich, daß das Erscheinen einer Zeitung von der Bereitschaft eines Mannes abhängen soll, seinen Job zu riskieren.

Pressefreiheit als Maß der Hoffnung

Daß die Zeitung überhaupt und trotz der Faxen von Seiten der UNIP entstanden ist, muß als Zeichen der Veränderungen im politischen Klima des Landes gesehen werden, die schließlich auch zum Machtwechsel in Sambia geführt haben. Daß sie dann sofort zu einem Massenerfolg wurde, beweist, wie groß das Bedürfnis beim ganz gewöhnlichen Bürger Sambias nach einer unabhängigen Zeitung ist, deren Berichterstattung man wirklich trauen kann. Als ich in Lusaka ankam, wurden von jeder Ausgabe zwischen 30.000 und 40.000 Exemplare verkauft. Der Managing Director der 'Post‘, Fred M'membe, sagte, er rechne sicher mit einer Erhöhung der Auflage auf 60.000 innerhalb der nächsten Monate und spielte sogar schon mit dem Gedanken einer Umstellung auf ein tägliches Erscheinen in etwa einem Jahr.

Wie auch beim 'Mirror‘, schien die Tendenz der 'Post‘ immer wieder auf eine deutliche, wenn vielleicht auch unfreiwillige Unterstützung der MMD hinauszulaufen. Allerdings hätte jede unabhängige Zeitung ihre Schwierigkeiten gehabt, eine andere Position zu vertreten, selbst wenn sie sich verzweifelt darum bemüht hätte... Immerhin versuchte die 'Post‘, anders als der 'Mirror‘, sehr dezidiert beide Seiten darzustellen. Beispielsweise präsentierte die 'Post‘ in ihrer letzten Ausgabe vor der Wahl zwei Artikel Seite an Seite, in denen jeweils die beiden Präsidentschaftskandidaten objektiv und in sehr viel intelligenterer Weise vorgestellt wurden, als es irgendwo anders zu finden war. In Kaundas Fall bedeutete dies eine Bewertung seiner Herrschaft im Kontext anderer Diktaturen Afrikas.

„Der Wendepunkt kam Anfang der siebziger Jahre. Politischer Streit im Inneren, wachsender Druck auf die Region insgesamt und eine zunehmende wirtschaftliche Verunsicherung überzeugten Kaunda davon, daß er und seine Regierung sich keinen Dissens leisten konnten. Dies führte unvermeidlich zur Schaffung eines Einparteiensystems und zu einer Verfestigung seiner Herrschaft.

Wer sich an seiner Machtfülle stieß, wurde aus dem Weg geschafft, und mancher dabei mit großer Rücksichtslosigkeit behandelt. Dennoch wurde auch die Opposition stärker. [...] Die enorme Verunsicherung, die der Umsturzversuch [von 1980] bei ihm auslöste, führte zu einem Anwachsen des politischen Sicherheitsapparates als Garantie seiner Herrschaft. Gleichzeitig konzentrierte sich diese Herschaft mehr und mehr auf seine Person. [...]

Heute stellt er sich als Architekt der Rückkehr zum Mehrparteiensystem dar, die er im letzten Jahr noch eine ,Rückkehr zur Politik des Steinzeitalters‘ genannt hat. Er verschloß sich den wirklichen Veränderungen und verhielt sich, als besäße er ein gottgegebenes Recht darauf, für immer zu regieren.

Dennoch besteht er darauf, daß er und seine Partei ein Beispiel für andere afrikanische Staaten gegeben habe, wie Veränderung friedlich herbeigeführt werden kann. Das ist gewiß nicht ganz falsch, und man sollte immerhin anerkennen, daß er sich nicht verhalten hat wie Moi oder Mobutu. Die Folgen eines Widerstands [gegen Veränderungen] hätten katastrophal sein können — und das wußte er.“ (19./31. Oktober 1991)

Die Würdigung der Person Chilubas bedeutete, sein demokratisches Engagement zu hinterfragen, d.h. seine Karriere als Gewerkschaftsführer näher zu beleuchten.

„Viele seiner Kollegen sind der Ansicht, er habe die Arbeiterbewegung autoritär geführt, sich mit allzu loyalen Anhängern umgeben und Kritik nur schlecht vertragen. [...]

Es gibt besorgniserregende Anzeichen dafür, daß er diesen Stil aus seiner Gewerkschaftszeit in die MMD mitgebracht hat. Chiluba kontrollierte persönlich die Auswahl der parlamentarischen Kandidaten, und viele, die vom nationalen Führungskomitee [der Partei] ausgewählt worden waren, [...] wies er als weniger loyal als andere zurück. [...]

Er ist auch für sein Verhältnis zum nationalen Führungskomitee kritisiert worden; einige Mitglieder behaupten, er konsultiere sie zu wenig in wichtigen Fragen und in bezug auf bedeutsame politische Entscheidungen. [...]

Viele Menschen vertrauten in ihrer Hoffnung auf eine neue politische Kultur der MMD darauf, daß diese neue Kultur auch für den wirtschaftlichen Aufschwung gute Bedingungen schaffen werde. Was sich viele Menschen erhoffen, ist ein deutlicher Schlußstrich unter das System politisch motivierter Patronage, die so sehr Teil der alten politischen Kultur ist.

Chiluba ist jedoch schon jetzt von vielen umgeben, die nicht viel mehr sind als professionelle Lobhudler und nur nach einem Amt schielen für den Fall, daß die MMD die neue Regierung bilden wird. Sie titulieren ihn bereits als ,Ihre Exzellenz‘, und so mancher (durchaus gestandene Funktionär) geht in die Knie, wenn er mit ihm spricht. Das ist der Stil, den sich Kaunda jahrelang gefallen ließ.“

Man konnte diesen Einschätzungen der Kandidaten zustimmen oder auch nicht. In jedem Fall jedoch sprach die 'Post‘ ihren Lesern grundsätzlich ihre Intelligenz nicht ab, was man von all den anderen Blättern — mit Ausnahme des 'Mirror‘ — nicht sagen konnte. Die 'Post‘ unterschied sich auch dadurch von ihren Konkurrenten, indem sie sich nicht damit begnügte, die 27jährige Herrschaft Kaundas nur gegen ihn zu wenden — gleichzeitig sandte sie erste Warnsignale gegen bestimmte Tendenzen der neuen Regierung aus. Genau dies aber ist die Funktion der Presse in einer echten Demokratie — insofern ist ihre Existenz der Garant einer solchen Demokratie.

Die Zukunft der sich jetzt neu formierenden Presselandschaft wird erweisen, ob die Bevölkerung Sambias zu Recht an jenem Morgen vor dem Obersten Gericht feierte und dem Mann zujubelte, den sie als ihren neuen Präsidenten gewählt hat.

Aus dem Manifest der MMD (Movement for Multi-Party Democracy):

Die MMD hält die Presse- und Meinungsfreiheit für ein grundsätzliches Menschenrecht. Daher werden Journalisten unter einer MMD- Regierung eine wichtige Rolle einnehmen in der Herstellung und Stärkung von demokratischen Verhältnissen. Jeder ausgewiesene Journalist, einheimisch und ausländisch, wird zur ungehinderten Ausübung seines Berufes akkreditiert werden.