: Teufel oder Beelzebub in Stuttgart?
In Baden-Württemberg entscheidet sich am Montag die Koalitionsfrage/ Alle Zeichen stehen gegen schwarz-grün und für eine Große Koalition/ Tiefe Gräben zwischen CDU und Grünen ■ Aus Stuttgart Edgar Neumann
In der Schwabenmetropole entscheidet sich am Montag, wie die Sitzordnung am künftigen Stuttgarter Kabinettstisch aussieht. Schwarz-rot oder schwarz-grün lautet die Gretchenfrage, die nach Ansicht politischer Auguren allerdings längst beantwortet ist.
Nachdem christ-ökologische Annäherungsversuche in beiden Lagern heftigen innerparteilichen Widerspruch hinsichtlich einer Regierung aus CDU und Grünen hervorriefen, laufe alles auf eine Große Koalition hinaus, wie sie zwischen 1966 und 1972 im „Ländle“ schon einmal bestand. Zur Erinnerung: Bei der Wahl am 5. April verlor die CDU mit 39,6 Prozent ihre seit 20 Jahren behauptete absolute Mehrheit im Landtag, während auch die SPD mit 29,4 Prozent erhebliche Stimmenverluste hinnehmen mußte. Mit dem überraschend starken Ergebnis der Republikaner (10,9 Prozent) war dann die gewohnte landespolitische Kräftearithmetik völlig aus dem Gleichgewicht geraten.
Nachdem für CDU, SPD, Grüne und FDP feststand, mit den Republikanern nicht über eine Regierungsbildung zu sprechen, blieb rein rechnerisch nur eine Große Koalition oder ein Bündnis CDU/Grüne. Im Fall einer Regierungszusammenarbeit von CDU und Grünen hätte die Union gerne die Liberalen beteiligt, was die Grünen jedoch ablehnten.
Zwar hatten Ministerpräsident Erwin Teufel und führende CDU- Politiker immer wieder betont, die Gespräche seien bis zum Schluß „offen“, dennoch waren die inhaltlichen Gräben zwischen Schwarz und Grün tief. Vor allem in der Asylfrage, in der Energiepolitik und dem von den Grünen angestrebten Ausstieg aus der Atomenergie sowie der landespolitisch heiß diskutierten Müll- und Sondermüllproblematik liegen die Grundpositionen zu weit auseinander, um hierfür Gemeinsamkeiten für ein Regierungsprogramm zu entwickeln. Auch in der personellen Zusammensetzung einer schwarz-grünen Regierungsmann-/frauschaft hätte zusätzlicher Sprengstoff gesteckt. So werden nun voraussichtlich die Sozialdemokraten aus ihrem baden-württembergischen 30prozentigen „Tal der Tränen“ heraus den Sprung in die Landesregierung nehmen. Dabei dürften den beiden großen Parteien einige Verhandlungsrunden über Ressortverteilung und inhaltliche Knackpunkte, die ihren Ausgangspunkt großenteils in Bonn haben, bevorstehen.
Dabei hatte sich die Südwest-SPD schon wenige Tage nach der Wahl durchaus moderat gezeigt. Auffallend zurückhaltend fiel beispielsweise die sozialdemokratische Reaktion auf die von Teufel zum zentralen Problempunkt erklärte Grundgesetzänderung des Asylrechts aus. Lautet also die spannende Schwabenfrage: „Teufel oder Beelzebub“.
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