Das Kind ins Wasser gekippt

■ Angebliche Baby-Entführung aufgeklärt/ Mutter gestand, den Säugling vorsätzlich getötet zu haben/ Als Motiv gab die Mutter und Hausfrau an, mit der Erziehung des Kindes überfordert gewesen zu sein

Berlin. Der angeblich von Skinheads entführte Säugling ist von seiner Mutter getötet worden.

Wie die Mordkommission gestern mitteilte, gestand die Zweiundzwanzigjährige nach stundenlangen Vernehmungen, den drei Monate alten Jungen vorsätzlich umgebracht zu haben. Als Motiv gab die Mutter und Hausfrau an, mit der Erziehung völlig überfordert gewesen zu sein, zumal sie noch einen knapp dreijährigen Sohn zu versorgen hat. Die zuständige Kriminalkommissarin Ilona Scholz berichtete, daß die Täterin »jetzt sehr betroffen« sei und ihr »Handeln bereue«.

Die schreckliche Tat geschah am vergangenen Dienstag abend, nach einer Geburtstagsfeier bei Freunden. Hundertfünfzig Meter von ihrem Wohnort in Marzahn entfernt, schob die junge Frau den Kinderwagen zum Wuhletalbach.

Sie kippte ihr Kind mit dem Wagen ins Wasser

Dort kippte sie — mit der Absicht, das Kind zu töten — den Wagen um, und der Säugling rollte die Uferböschung hinab in das Wasser. Obwohl das Kind die ganze Zeit schrie, sei sie weggelaufen, berichtete Grit A. der Mordkommission. Während des ganzen Vorgangs habe sie ihren älteren Sohn in den Armen gehalten. Ihre Aussage wird durch eine Obduktion bestätigt. Die Untersuchung ergab, daß das Kind ertrank.

Der Fall erregte großes Aufsehen. Denn fünf Tage lang versuchte die Mutter, die Polizei davon zu überzeugen, daß drei Skinheads sie überfallen und das Kind in einem Iveco- Lieferwagen gekidnappt haben. In Boulevardblättern appellierte sie an die Skins, ihr das leukämiekranke Kind zurückzugeben.

Über fünfzig Beamte suchten daraufhin tagelang nach dem Baby und in Marzahn nach Augenzeugen oder Spuren der vermeintlichen Täter. Auch Ilona Scholz sagte noch am vergangenen Donnerstag, daß kein Tatverdacht gegen die Mutter bestünde.

Wie sie und der Leiter des Morddezernats, Horst Brandt, jetzt berichteten, habe sich Grit A. erst in Widersprüche verwickelt, nachdem das Kind am Sonntag nachmittag von Spaziergängern gefunden und sie zur Identifizierung der Leiche mit der Babywäsche konfrontiert wurde. Zunächst habe sie gestanden, daß das Kind versehentlich ins Wasser gefallen sei, erst gegen Mitternacht, daß sie die Tat »bewußt« geplant und keinen anderen Ausweg aus der privaten Misere gesehen habe. In der Nacht zum Montag erließ dann der Ermittlungsrichter einen Haftbefehl. Die junge Frau kommt jetzt in das Untersuchungsgefängnis Moabit und soll psychologisch untersucht werden.

Wie die Polizei betont, habe der Vater des Babys und Lebensgefährte der Mutter von der Tat nichts gewußt. aku