: Schwarz-Grün zunächst zum Teufel
Grüne lehnten nach zweiter Sondierungsrunde Koalition mit der CDU ab/ Ministerpräsident Teufel strebt nun große Koalition an/ Mehr Widerstand bei der CDU als bei den Grünen gegen ein Zusammengehen ■ Von Claus Christian Malzahn
Berlin (taz) — Die politische Farbenlehre der Bundesrepublik wird nicht um die Kombination Schwarz- Grün bereichert werden: Nach der zweiten Sondierungsrunde zwischen den baden-württembergischen Grünen und der CDU, die gestern in Stuttgart stattfand, gab der Sprecher der Ökopartei, Fritz Kuhn, bekannt, daß es keine Koalitionsverhandlungen geben werde. Die Sondierung habe gezeigt, daß die Eingangsbedingungen der Grünen nach einer personellen und inhaltlichen Erneuerung der CDU nicht erfüllt seien. Die Christdemokraten seien zu einer ökologischen und gesellschaftlichen Wende nicht bereit. Im Südwesten läuft nun alles auf eine Koalition von SPD und CDU hinaus. Kurz nach Beendigung des vierstündigen Gesprächs zwischen Grünen und CDU erklärte Ministerpräsident Teufel, daß er nun mit den Sozialdemokraten über eine Regierungsbildung sprechen wolle. Trotzdem lobte er die Grünen: Die Gespräche seien sachlich und im demokratischen Geist geführt worden. Teufel meinte weiter, nach Abwägung der Argumente habe man eine „größere Nähe“ zur SPD festgestellt. Wichtigstes Ziel sei es jetzt, eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Nach der anfänglichen schwarz-grünen Euphorie hatte sich schon in der vergangenen Woche bei den Verhandlungsmitgliedern der Grünen der Eindruck verfestigt, daß Erwin Teufel auf eine große Koalition zusteuert. Späths Nachfolger fürchtete offenbar eine innerparteiliche Zerreißprobe. Einzelne Kreisverbände der CDU sowie die CDU-Mittelstandsvereinigung hatten deutlich gemacht, daß sie ein schwarz-grünes Bündnis nicht mittragen würden. Die CDU-Modernisierer und die Junge Union, die für ein konservativ-ökologisches Bündnis gekämpft hatten, gerieten in den letzten zehn Tagen immer mehr in die Defensive. Vor allem auf der mittleren Funktionärsebene der CDU konnten sie die Idee dieser Konstellation nicht durchsetzen. „Jetzt sind die Christdemokraten dran, um zu sagen, was sie wollen!“, hatte der Spitzenpolitiker der baden- württembergischen Grünen gestern vor den Gesprächen mit der CDU erklärt. Daß aus dem schwarz-grünen Flirt keine Ehe wurde, liegt eher an den Konservativen. Während die Grünen Sachforderungen in den Mittelpunkt ihrer Gespräche stellten, war bei den Christdemokraten letztendlich die Parteipsychologie ausschlaggebend für die Entscheidung. Interessant wird nun sein, wie die Gespräche mit der SPD verlaufen werden. Trotz der gescheiterten Eheanbahnung ist die Chemie zwischen SPD und CDU viel schlechter als zwischen Grünen und Konservativen. Die CDUler konnten den rauhen Ton, den die Sozis im Späth-Untersuchungsausschuß anschlugen, bis heute nicht verschmerzen.
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