Die vergessenen Deutschen

■ Fotoausstellung über die Geschichte der Einwanderer in die Bundesrepublik von 1945 bis heute/ Das Leben der Einwanderer soll den Deutschen nähergebracht werden

Berlin. Zur Geschichte der Bundesrepublik gehören sie allemal, aber gewürdigt werden sie selten. Die Geschichte der Gastarbeiter heißt eine Fotoausstellung, die seit dem vergangenen Wochenende im Charlottenburger Rathaus zu sehen ist.

Ausgestellt sind 120 Fotos, Dokumente und Texte, die von dem Essener Verein »Exil-Kulturkoordination« ausgeliehen wurden. Die Ausstellung, angefangen von der Anwerbung über die ersten Arbeits-, Wohn- und Familienverhältnisse bis zu Verwurzelung in Deutschland und Rückkehr in die Heimat, ist eindrucksvoll.

Zur Eröffnung unterstrich die Bezirksbürgermeisterin Monika Wissel (SPD) die Notwendigkeit der Einführung des kommunalen Wahlrechts für Ausländer. Die seit knapp zwei Jahren als Ausländerbeauftragte in Charlottenburg tätige Azize Tank betonte, die Ausstellung solle der deutschen Öffentlichkeit das Leben der Einwanderer näherbringen, verständlicher machen und damit den Dialog fördern.

Wie der Alltag der ausländischen Deutschen aussieht, demonstrierte zur Eröffnung die seit einem Jahr bestehende »Multikulturelle Theatergruppe« der Volkshochschule Tiergarten. Dargestellt wurde die Situation einer in Deutschland aufgewachsenen Nichtdeutschen, deren Bewerbung abgelehnt wurde, weil sie eine »Ausländerin« ist.

Die gelungene und empfehlenswerte Ausstellung versäumt es allerdings, die Geschichte der Gastarbeiter als einen sich immerfort verändernden Prozeß sichtbar zu machen. Das zeigt sich auch in der verwendeten Terminologie. So wird scheinbar willkürlich mal von »Gastarbeitern«, mal von »ausländischen Arbeitnehmern« oder gar von »Ausländern« gesprochen. Damit setzt man den Besucher nicht nur einem unverdaulichen Begriffswirrwarr aus, sondern wird auch der Realität der ehemaligen sogenannten Gastarbeiter nicht gerecht.

Inzwischen wachsen schon die Kindeskinder dieser »Gastarbeiter« in Deutschland auf. Von »Gastarbeitern« kann man da nicht mehr reden, von »Ausländern« noch viel weniger. Sie sind inzwischen Einwanderer mit Kindern, die hier geboren oder aufgewachsen sind. Sie haben hier Wurzeln geschlagen und sind somit vom »Gastarbeiter« über den »Ausländer« zur eingewanderten Minderheit in einer multikulturellen Gesellschaft in Deutschland geworden. Halil Can

Die Ausstellung wird gezeigt im Rathaus Charlottenburg, Otto-Suhr-Allee 100, noch bis zum 15. Mai, Montag bis Freitag 8 bis 20 Uhr.