Mercedes baut 20.000 Arbeitsplätze ab

■ Im Pkw-Bereich galoppieren dem Stuttgarter Autobauer die Kosten davon/ Keine Entlassungszahlen genannt

Stuttgart (taz) — Daimlers schwerste Fahrt beginnt: Mercedes Benz wird in den nächsten zwei Jahren rund 20.000 Arbeitsplätze abbauen — zum ersten Mal in der über 100jährigen Geschichte der renommierten Stuttgarter Autobauer. Die Freisetzungen, so erklärte der scheidende Mercedes-Chef Werner Niefer der Tageszeitung 'Die Welt‘, würden durch Vorruhestandsregelungen, natürliche Abgänge und Entlassungen vollzogen.

Zahlen, wieviele Mitarbeiter mit Kündigungsschreiben zu rechnen haben, nannte „Mister Mercedes“ jedoch nicht. Derzeit beschäftigt Mercedes in Deutschland rund 180.000 Mitarbeiter.

Offenbar hat der Autokonzern damit sein internes Kostensenkungsprogramm weiter konkretisiert. Selbst die beste Bilanzkosmetik konnte das von der Stuttgarter Firmenspitze seit geraumer Zeit entdeckte Kostenproblem nicht mehr übertünchen. Das für die Pkw-Sparte zuständige Vorstandsmitglied Jürgen Hubbert hatte bereits Anfang des Jahres verkündet, das Unternehmen müsse Kosten in „Milliardenhöhe“ einsparen — bis 1995 jährlich ganze vier Milliarden Mark.

Hubbert verwies in diesem Zusammenhang auf eine interne Mercedes-Studie, nach der die Produktionskosten um rund ein Drittel höher liegen als bei vergleichbaren japanischen Konkurrenten. Der Pkw- Lenker hielt sich aber über einen möglichen Personalabbau bedeckt. Anfang März wurde dann Daimler- Vorstandsvorsitzender Ezard Reuter konkreter: 20.000 Beschäftigte, so der Chef-Denker, seien in der Pkw- Sparte „zuviel an Bord“. Das Unternehmen strebe zwar einen Arbeitsplatzabbau in den kommenden drei, vier Jahren an, so diktierte Reuter den 'Handelsblatt‘-Redakteuren, zu Entlassungen komme es dabei aber nicht.

Mercedes-Chef Werner Niefer, der sein Amt vorzeitig an den Sparkommissar und Lkw-Bereichsleiter Helmut Werner abtreten muß, bleibt sich treu: Er sorgt weiterhin für Ernüchterung. Nun werden doch Mitarbeiter entlassen, wenn man auch noch nicht weiß, wieviele es am Ende sein werden. Ganz massiv wolle man an den Verwaltungsapparat herangehen, so Niefer, da könnten gezielt Kosten reduziert werden, ohne daß der Kunde das spüre. Mit der Gewerkschaft sei das letzte Wort jedoch noch nicht gesprochen, es sei aber schon eine weitgehende Übereinstimmung erreicht worden.

Der Stellenabbau gehöre zu einem ganzen Bündel von Maßnahmen, die bei Mercedes die Produktivität verbessern helfen sollen. Um die Kosten um zehn Prozent bis zwölf Prozent zu senken, habe er unter anderem die Reduzierung der Teilevielfalt, die Entkoppelung von Arbeits- und Maschinenzeiten sowie die stärkere Einbindung der Zulieferindustrie in den Entwicklungsprozeß angeordnet, sagte der Mercedes-Chef weiter. „Ein solches Programm kurzfristig einzuleiten, ist zwingend notwendig, um gegenüber den Mitbewerbern, vor allem der Konkurrenz aus Japan, wettbewerbsfähig zu bleiben“, stellte Niefer fest. Doch mit Einsparungen allein lasse sich nicht alles bewegen. Dazu seien kreative Erweiterungen in der Modellpalette ebenso nötig wie Veränderungen in der Fertigung.

Die inländische Pkw-Fertigung liegt seit vier Jahren konstant unterhalb der Kapazitätsgrenze von 600.000 Fahrzeugen pro Jahr. Die Beschäftigtenzahl stieg aber weiter an: 1990 waren es noch 95.000 Pkw- Bauer, ein Jahr später bereits knapp 100.000. Erwin Single