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Die Müller-Milch-Macht

■ Gemeindeblatt druckt kritische Buchanzeige nicht ab

Nürnberg (taz) — „Alles in Butter— oder was? Eine Geschichte um Milch und Macht“, so der Titel eines Buches, das sich detailliert mit den Machenschaften der Müller-Milch GmbH im schwäbischen Aretsried beschäftigt. Um die Verbreitung des Buches des Journalisten und taz-Autors Klaus Wittmann zu torpedieren, hat sich Milchchef Theobald Müller seiner guten Kontakte zur örtlichen Presse erinnert. So veröffentlicht die renommierte 'Augsburger Allgemeine Zeitung‘ keine Lesungstermine mehr. Und das für Aretsried zuständige Heimatblatt 'Der Landbote‘ verlangt für den Abdruck der Buchanzeige eine Freistellungserklärung des Verlegers, daß dieser für alle eventuellen zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen aus der Anzeige aufkommt. Das offizielle Mitteilungsblatt der Gemeinde Fischach, die die Gewerbesteuermillionen des Milchgiganten einstreicht, weigert sich bis heute, die Buchanzeige abzudrucken.

Als Buchverleger Toni Ledermann aus Bad Wörrishofen dem Verleger des Gemeindeblattes, der Linus Wittig KG in Forchheim, die Anzeigenvorlage zusandte, bekam er nach wenigen Tagen einen Anruf von Müller-Milch-Prokurist Franz Köttel. Dieser bat den Verleger eindringlich, im Anzeigentext die Passagen „Theo Müllers Umweltsündenregister“ und „Neue Enthüllungen“ zu streichen. Um der Bitte Nachdruck zu verleihen, drohte er mit einer einstweiligen Verfügung. Ledermann lehnte die gewünschten Änderungen ab. Daraufhin verweigerte die Wittig KG den Abdruck der Anzeige. Schließlich habe man ja Anzeigen von Müller-Milch im Blatt, so die telefonische Auskunft. Schriftlich berief man sich darauf, daß man als „amtliches Bekanntmachungsorgan des Marktes Fischach größten Schwerpunkt auf eine sachliche Information“ lege und sich diese Verplichtung gegenüber den Kommunen „auch auf den Anzeigenteil“ erstrecke. Anzeigen, die Aussagen enthielten, die sich gegen natürliche oder juristische Personen richteten, würden daher nicht veröffentlicht. Damit ist sichergestellt, daß das unbequeme Buch zunächst in und um Aretsried totgeschwiegen wird. Bernd Siegler

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