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Brandanschlag-Opfer ausgesperrt

■ Landgericht verwehrte einem Gambier die Teilnahme am Brandstifter-Prozeß

In der Nacht zum „Tag der Deutschen Einheit“ am 3. Oktober 1991 gehörte der 31jährige gambische Asylbewerber N. zu den rund 30 BewohnerInnen der Flüchtlingsunterkunft in der Schwachhauser Heerstraße 110, die von einem gezielten Brandanschlag betroffen war. Doch als die Jugendkammer des Bremer Landgerichts gestern am 2. Prozeßtag gegen die drei geständigen Brandstifter verhandelte (vgl. taz vom 25.4.), durfte N. nicht zuhören. Das Gericht verwies den Gambier nach einer heftigen Kontroverse zwischen Verteidigung und Staatsanwalt zunächst des Saales.

Am nächsten Verhandlungstag, dem kommenden Freitag, soll N. nun zunächst als Zeuge zu dem Brandanschlag gehört werden, bei dem er sich auf der Flucht vor den Flammen einen Fuß verstaucht hatte. Erst danach will das Gericht ihn auch als Zuschauer dulden. Seinen Begleiter, der ihm gestern den Streit um seinen Aufenthalt im Zuschauerraum des Verhandlungssaals ins Englische übersetzte, darf er dann jedoch „auf keinen Fall mitbringen“, wie der Vorsitzende Richter Stephan Müllershausen gestern versicherte. Ein Umstand, den Oberstaatsanwalt Hans-Georg von Bock und Polach mit dem Zwischenruf kommentierte: „Teilnehmen darf er, bloß verstehen soll er nichts!“

Die Frage der Öffentlichkeit des Strafverfahrens, in dem die Brandstifter u.a. wegen versuchten Mordes angeklagt sind, hatte das Gericht von Anfang an beschäftigt. Da alle drei Angeklagten noch keine 21 Jahre alt sind, war auf Antrag der Verteidigung gleich zu Beginn der gesamte Zuschauerraum geräumt worden. Zugelassen blieben lediglich 13 Pressevertreter unter der Auflage, keine Identifizierung der Angeklagten in ihrer Berichterstattung zu ermöglichen. Ein nach dem Jugendstrafrecht zwar zulässiger, aber gefährlicher Weg, da jede weitere Ausnahme vom Ausschluß der Öffentlichkeit einen Revisionsgrund bedeuten könnte.

Daß Richter Müllershausen diese Gefahr offenbar stärker bewegt als eine Kränkung des Brandanschlag-Opfers durch seinen Ausschluß aus dem Verfahren, bewies er wenig später, als er einem wartenden Zeugen die Verzögerung des Prozesses mit den Worten erklärte: „Es ist heute morgen eine unvorhergesehene Person aufgetaucht, die uns Probleme gemacht hat.“

Wäre der Gambier N. nicht aus der Gerichtsverhandlung ausgeschlossen worden, hätte er dort gestern erfahren, wie knapp er vor sieben Monaten dem Tod entkommen ist. „Das Haus ist 70, 80 Jahre alt, das geht weg wie Zunder“, sagte der damalige Einsatzleiter der Feuerwehr als Zeuge aus. Wären die Löschtruppen in der Nacht nicht so schnell vor Ort gewesen, hätte es zumindest für drei schlafende Männer im Obergeschoß keine Rettung mehr gegeben. Das Zimmer im Hochparterre, in das die drei Angeklagten je einen Molotow-Coctail geworfen hatten, sei sofort völlig ausgebrannt. „Da wäre keiner mehr rausgekommen“, sagte der Einsatzleiter.

Erst wenige Tage vor dem Brandanschlag sei eine Familie mit Kindern aus diesem Zimmer ausgezogen, hatte zuvor der damlige Hausmeister der Flüchtlingsunterkunft dem Gericht berichtet. Insgesamt habe der Überfall einen Schaden von „rund 300.000 Mark“ am Haus, an der Einrichtung und dem persönlichen Eigentum der dort untergebrachten Flüchtlinge angerichtet. Dirk Asendorpf

Der Prozeß wird am 8.5. fortgesetzt.

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