Post bleibt liegen, Unkraut wuchert

■ Für die Durchsetzung ihrer berechtigten Forderungen streiken: Polizei, Post, Feuerwehr

Berlin. Zuerst die gute Nachricht: Ab morgen werden die Betriebshöfe der Stadtreinigung bestreikt. Das kann uns egal sein, weil die Müllabfuhr in Berlin vorerst nicht streiken will. Die schlechte Nachricht: Wer nur über ein Postgirokonto verfügt, ist angeschmiert. Beim Postgiroamt wird seit heute gestreikt, Geld gibt es nur mit »Verzögerung«.

Und jetzt der Überblick: Seit gestern streiken etwa 10.000 öffentlich Bedienstete in West-Berlin. Kaum sind die Alliierten raus aus der Stadt, streikt die Polizei. Am dritten Streiktag traten rund 400 Beschäftigte im Polizeirevier in der Kreuzberger Friesenstraße in den Ausstand. Außerdem werden vier polizeiliche Meldestellen in Charlottenburg und Kreuzberg bestreikt. Wer gerade dringend auf seinen Paß wartet, sage seinem Urlaub adieu.

Die Fernmeldeämter 3, 4 und 5 reparieren vorerst keine Telefone mehr und nehmen auch keine Anträge auf neue Telefonanschlüsse mehr an. Seit Dienstag sind außerdem etwa 1.000 Mitarbeiter im Zentralen Briefverteilungsamt im Streik. Da dort täglich drei Millionen Briefe bearbeitet werden, müßten heute neun Millionen Briefe auf ihre Verteilung warten.

An der Technischen Universität und an der Freien Universität Berlin streiken seit gestern rund 2.000 Beschäftigte. Dort sollen Lehrveranstaltungen ausfallen und Labore und Rechenzentren bestreikt werden. Dies könnte verschmerzt werden, hätten sich nicht auch die Sekretärinnen entschlossen, ihren Dienststellen fernzubleiben.

Bei der Feuerwehr haben am Dienstag rund 50 Beschäftigte die Arbeit in der Zentralwerkstatt der Hauptfeuerwehrwache Charlottenburg-Nord niedergelegt. Die Sicherheit der Bürger leidet jedoch auf keinen Fall, beruhigte uns der Vorsitzende der ÖTV-Abteilung Feuerwehr, Herr Prezewowsky, da der Einsatzdienst auf den einzelnen Feuerwehrwachen auf jeden Fall vom Streik ausgenommen sei.

Von Anfang an dabei und immer noch im Streik sind einige tausend Beschäftigte bei den Gartenbauämtern, der Senatsverwaltung für Inneres, Bau- und Wohnungswesen, Stadtentwicklung und Umweltschutz, beim Landesamt für zentrale Stadtentwicklung und dem Statistischen Landesamt. Auch die Schiffer können sich noch gemütlich in die Sonne legen: Die fünf Berliner Schleusen bleiben geschlossen. ana/thok