EXPO-Protest gegen Spaniens Konsulat

■ Spanisches Generalkonsulat in Berlin nach Festnahmen und Ausweisungen in Sevilla besetzt/ Aktion wurde ohne Zwischenfälle beendet

Berlin. Rund 40 Menschen aus Gruppen der Berliner 500-Jahre- Koordination haben gestern das spanische Generalkonsulat in der Nähe des Tiergartens besetzt. Wie bei ähnlichen Aktionen in Westdeutschland protestierten die BesetzerInnen gegen die polizeilichen Übergriffe auf GegnerInnen der Weltausstellung EXPO '92 im spanischen Sevilla. Dort war es bei den Eröffnungsfeierlichkeiten am 19. April zu Protestkundgebungen gekommen, die von der spanischen Polizei brutal niedergeschlagen wurden. Mehr als 80 EXPO-GegnerInnen, darunter auch 39 Deutsche, wurden für mehrere Tage festgenommen. Die Besetzung endete nach anderthalb Stunden ohne Zwischenfälle. Die am Ort erschienene Polizei griff auf Veranlassung des Generalkonsuls nicht ein.

Der spanische Generalkonsul Enrique Iranzo schickte per Telefax, wie von den BesetzerInnen gefordert, eine Protesterklärung an spanische Regierungsstellen. Darin fordern die KonsulatsbesetzerInnen unter anderem die sofortige Freilassung der letzten elf Gefangenen, die Einstellung sämtlicher Verfahren und ein Ende der »Verharmlosung des kolonialen Völkermords durch EXPO und 500-Jahr-Feier«. Eine Antwort des Außenministeriums in Madrid steht unterdessen noch aus. Der Generaldirektor des Auswärtigen Dienstes in Madrid, Carlos Carderera, mit dem die BesetzerInnen vom Konsulat aus telefonierten, erklärte sich als nicht zuständig. Daraufhin vereinbarten die BesetzerInnen mit dem Generalkonsul, daß er bis zum heutigen Donnerstag nähere Informationen über die verbliebenen Inhaftierten und eine Stellungnahme der spanischen Regierung zu den gesamten Vorfällen erwirken werde.

In Sevilla war es am 19. April trotz eines Demonstrationsverbotes zu einer Protestkundgebung gekommen. Zahlreiche Verletzte und 37 Festnahmen gab es, als die Polizei die friedlich verlaufende Demonstration unter Einsatz von Schlagstöcken und Schußwaffen auflöste. Zu weiteren Verhaftungen kam es am 20. April bei einem Sit-in und bei einer polizeilichen Razzia auf einem Campingplatz, wo TeilnehmerInnen eines Gegenkongresses übernachteten (die taz berichtete).

Während das spanische Recht vorübergehende Festnahmen auf 72 Stunden begrenzt, wurden die über 80 Inhaftierten fünf und sechs Tage festgehalten. Obwohl in den meisten Fällen kein Haftbefehl erging, hatte die Polizei die AusländerInnen, nachdem sie dem Haftrichter vorgeführt wurden, sofort in Abschiebehaft genommen. Der größte Teil der AusländerInnen wurde am 25. April abgeschoben und mit einem dreijährigen Einreiseverbot belegt. Die Freigelassenen berichteten davon, daß sie in der Haft geschlagen wurden und keinen Kontakt mit Anwälten aufnehmen durften. Gegen elf der Festgenommenen, unter ihnen auch drei Deutsche, wurde Haftbefehl wegen Widerstand, Körperverletzung, Sachbeschädigung und der Teilnahme an einer verbotenen Demonstration erlassen. Besonders kraß ist der Fall einer 17jährigen Wuppertalerin, deren Haftbefehl aufrechterhalten wird, obwohl sie wegen Krankheit haftunfähig erklärt werden müßte. Johannes Zerger