Heilung durch Golfball

■ Über „Der Gefallen, die Uhr und der sehr große Fisch“ von Ben Lewin

Daß das europäische Kino in einer Krise steckt, ist ja inzwischen Allgemeingut. Die einen proklamieren die kleine, möglichst engagierte Produktion, die anderen wollen gegenklotzen und an die von den Amis vorreservierten Fleischtöpfe. Internationale Kooperation ist das Zauberwort. Der Gefallen, die Uhr und der sehr große Fisch ist so ein Film. Regisseur und Autor Ben Lewin ist gebürtiger Pole, in Australien aufgewachsen, das Geld kam aus Großbritannien, gedreht wurde in Paris in englischer Sprache, neben dem Engländer Hoskins und den Amis Goldblum und Richardson standen Franzosen vor der Kamera, unter anderem Michel Blanc (Abendanzug) und Jean-Pierre Cassel (Der diskrete Charme der Bourgeoisie). Bis in die Nebenrollen illustre Schauspieler, auch wenn die ihre Notwendigkeit manchmal schuldig bleiben. Eben klotzen, nicht kleckern.

Hoskins ist Fotograf. Er stellt Szenen aus der Bibel nach und hält sie fest, damit sie Ministranten nach dem Gottesdienst mit nach Hause nehmen können. Der Kardinal ist von Hoskins kitschigen Pappmaché- Szenarios begeistert, aber will nun endlich Jesus in den grellen Farben. Doch Hoskins hat noch keinen Gottessohndarsteller gefunden, bis ihm durch allerlei krude Zufälle Jeff Goldblum vor die Kamera fällt. Der identifiziert sich allerdings sehr bald zu sehr mit seiner Rolle...

Der Gefallen... taumelt von Slapstick über Wortwitz zur reinen Schadenfreude und wieder zurück. Manchmal sind die Gags gar zu vorhersehbar, so als Goldblum einen blinden Jungen heilen will, der im entscheidenden Moment von einem Golfball getroffen wird. Den Golfspieler konnte man vorher schon beim Trainieren des Abschlags studieren. Neben diesen Ausrutschern aber ist der Film eine überraschend lockere Komödie, der man die Regie nicht zu sehr anmerkt und in der die Kamera nur beobachtet. Ein Film, in dem die Schauspieler schauspielern dürfen, ohne sich ständig vor den Special Effects in Deckung bringen zu müssen. Fast schon absurd: Da investiert Europa auf Teufel komm raus, um Hollywood die Stirn zu bieten, und raus kommt wieder Autorenfilm.

Aber Der Gefallen... ist vor allem ein träumerischer Film, einer, der eine Geschichte erzählt und sie glaubhaft macht, ein Film, in den die alltäglichen Aberwitzigkeiten einbrechen, die sich die Protagonisten nicht erklären können, ein Film, der eben nicht wahr, sondern nur Kino sein kann. Ein Film, den eigentlich nur Woody Allen wagen könnte. to

Der Gefallen, die Uhr und der sehr große Fisch. England/Frankreich 1991, Buch & Regie: Ben Lewin, mit Bob Hoskins, Jeff Goldblum, Natasha Richardson, Michel Blanc u.a.