MIT DEN PHARMA-GIGANTEN AUF DU UND DU
: Good bye Strenger

■ Unbequeme Gäste auf der Bayer-Hauptversammlung

Köln (taz) — Der Chemieriese Bayer befindet sich nach wie vor im Aufwind. Durch ungewöhliche Zuwächse im Pharma-Sektor konnte der Konzernumsatz 1991 um 1,8Prozent auf 42,4 Milliarden Mark gesteigert werden. Allerdings ist der Ertrag mit 3,2 Milliarden Mark um 4,8Prozent rückläufig. Grund genug für den scheidenden Vorstandschef Hermann Josef Strenger, vor den rund 20.000 AktionärInnen vor „wachsenden neuen Umweltabgaben“ zu warnen. Dabei steht der Konzern mit einer Eigenkapitalquote von 44,2Prozent und einer auf 1,7 Milliarden Mark gesunkenen Nettoverschuldung wirtschaftlich alles andere als schlecht da. Deshalb fiel auch die Dividende mit 13Mark unverändert hoch aus.

Eine Dividendenkürzung um zehn Mark zur Wiedergutmachung angerichteter ökologischer Schäden fordert unterdessen die „Coordination gegen Bayer-Gefahren e.V.“. Sie konfrontierte bereits zum elften Mal Vorstand und Aufsichtsrat mit der schmutzigen Seite der Hochglanz-Bilanz. Der grüne MdB Friedrich Hielmann etwa geißelt das mangelnde Engagement im Osten. In Bitterfeld picke der Konzern sich die Filetstücke heraus, die erhöhten Umweltrisiken des verseuchten Standortes würden dagegen auf das Land abgewälzt. Auch der Dauerbrenner, die ehemalige Bayer-Deponie auf der Leverkusener Dhünnaue, ließ den kritischen AktionärInnen keine Ruhe. Mit Vehemenz forderten sie, nun endlich ausreichende Maßnahmen zum Schutz der AnwohnerInnen zu ergreifen. Immerhin laufen, nachdem Lehrer und Schüler einer angrenzenden Schule vermehrt an Krebs erkrankten, staatsanwaltliche Ermittlungen gegen die Bayer- Verantwortlichen. Zum Höhepunkt der Gegenreden avanciert der Auftritt des südafrikanischen Arztes Marc Colvin, der auf die „katastrophalen Zustände“ bei der Bayer-Tochter Chrome Chemicals in Durban hinwies. 34Prozent der ArbeiterInnen litten an Löchern in den Nasenscheidewänden, wie aus einem internen Firmenbericht hervorgeht.

Trotzdem weigert sich die Bayer-Tochter, ausreichende Vorkehrungen zum Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz zu treffen. Bayer- Chef Strenger werden solche Vorhaltungen künftig erspart bleiben. Nach zwei Amtsperioden hat er turnusgemäß das Zepter an seinen Vorstandskollegen Manfred Schneider übergeben. Hubert Ostendorf