INTERVIEW
: „Schwaetzer wurde in die Kandidatur hineingetrieben“

■ Carola von Braun, Landes- und Fraktionsvorsitzende der FDP in Berlin und Präsidiumsmitglied, zum Chaos in Bonn

taz: Frau von Braun, die Ereignisse in Bonn erwecken den Eindruck, als ob die Frauen in der FDP keine Chance hätten oder nur Manövriermasse der Männer sind. Stimmen Sie dem zu?

Carola von Braun: Nein, das trifft so nicht zu. Richtig ist aber, daß Frau Schwaetzer ihre Kandidatur anders vorbereitet hätte, wenn sie nicht von manchen Freunden in diese Kandidatur hineingetrieben worden wäre.

Glauben Sie denn, daß es so ein Chaos gegeben hätte, wenn Frau Adam-Schwaetzer ein Herr Adam- Schwaetzer wäre?

Jeder Kandidat muß das Recht haben, sich noch in letzter Sekunde zu einer Kandidatur entscheiden zu können. Aber es ist natürlich Aufgabe des Bundesvorsitzenden Graf Lambsdorff, nach so einem gravierenden Ereignis wie dem Rücktritt von Hans-Dietrich Genscher der Fraktion und der Partei mit einem präzisen Personalvorschlag entgegenzutreten, um wochenlange Diskussionen zu vermeiden. Sein Fehler war, daß er diesen Vorschlag nicht zuerst mit der Fraktion abgestimmt hat.

Die FDP hat sich in den vergangenen Jahren sehr um die Stimmen von Frauen bemüht — besonders um die Stimmen berufstätiger, erfolgreicher Frauen. Sie haben in Berlin im Wahlkampf 1990 vorgeführt, daß so ein Konzept Erfolg haben kann, denn sie sitzen wieder im Abgeordnetenhaus. Verprellen Sie mit einem Vorgehen wie im Fall Schwaetzer nicht diese Wählerinnen?

Diese Gefahr liegt natürlich auf der Hand. Die Art und Weise, wie hier mit der Frau Nummer eins der FDP umgegangen worden ist, wird einige Frauen sicher verärgern. Deshalb werden sich viele Leute, die Irmgard Adam-Schwaetzer in diese Art der Kandidatur hinein geraten haben, einige Fragen gefallen lassen müssen.

Wurde Frau Adam-Schwaetzer vorgeschickt, um sie hinterher wieder abzusägen?

So weit würde ich nicht gehen. Tatsache ist aber, daß sie von manchen aufgefordert wurde, zu kandidieren, und annehmen konnte, daß sie keinen Gegenkandidaten hat. Plötzlich stand sie vor vollendeten Tatsachen.

Also hat es Leute gegeben, die ihr gesagt haben: „Mach das mal“ und die dann — als es hart auf hart ging— gar nicht hinter ihr standen?

Dieser Eindruck hat sich mir aufgedrängt. Unabhängig davon ist es das Recht des Bundesvorstandes und der Parteibasis, einen Kandidaten vorzuschlagen. Klaus Kinkel ist ein guter und erfahrener Politiker. Es ist ein gutes Zeichen für die innere Verfaßtheit der FDP, wenn sie sich solche Entscheidungen nicht diktieren läßt.

Wird es jetzt eine neue Diskussion um die nicht vorhandene Quotierung bei der FDP geben?

Das ist in der FDP nicht mehrheitsfähig.

Sind Sie persönlich dafür?

Ich bin — was das Instrument Quote angeht — skeptisch. Das läuft bei der SPD ja auch nicht so, wie man sich das vorher gewünscht hat. Aber die Erfahrungen in allen Parteien zeigen auch: Ohne Druck geht es nicht. Darüber wird die FDP zu diskutieren haben. Interview: CC Malzahn