PORTRÄT
: Aufstieg von der Hinterbank

■ Neue Justizministerin wird Sabine Leutheusser-Schnarrenberger/ Seit 1990 im Bundestag

Berlin (taz) — Klaus Kinkel (FDP) gilt bis zum Wechsel ins Auswärtige Amt unangefochten als Bundesjustizminister. Seine Nachfolgerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wird in erster Linie „eine Bereicherung für das Justizministerium“ sein. So jedenfalls sah das noch gestern Kinkels Pressesprecher Jürgen Schmid, der die 40jährige Besitzerin eines Hundes namens Dr. Martin Luther seit zehn Jahren kennt und für eine „sehr, sehr kluge und tüchtige Frau“ hält.

Vermutlich verdankt die im westfälischen Minden geborene Juristin vor allem der Tatsache, eine Frau zu sein, ihren rasanten Aufstieg von den Hinterbänken des Bundestags an die Spitze eines der wichtigsten Ressorts im Bundeskabinett. Man habe, so FDP-Fraktionschef Hermann Otto Solms am Mittwoch, nach dem Rücktritt Genschers „gleich alle personellen Möglichkeiten durchgespielt“, die der FDP zustehenden Ministerposten zu besetzen. Neben ihr sei auch noch der Hammer Oberstaatsanwalt Jörg van Essen als neuer Justizminister in Erwägung gezogen worden. Über den profilierten Rechtspolitiker Burkhard Hirsch scheint in diesem Zusammenhang kein einziges Wort gefallen zu sein — offensichtlich sollte der christsoziale Koalitionspartner nicht bis aufs Blut gereizt werden.

Nach ersten öffentlichen Äußerungen im Norddeutschen Rundfunk wollte sich die FDP-Politikerin im Hinblick auf ihre künftige Amtsführung nur auf „Kontinuität“ mit der Politik Kinkels festlegen. Dessen Auffassung zur RAF sei „vollkommen richtig“, ebenso seine Haltung gegen eine Änderung des Grundrechts auf Asyl, bevor nicht eine europäische Harmonisierung erfolgt sei.

Die nach Günther Krause (38) und Angela Merkel (37) drittjüngste Ministerin mit Sitz im Bundestags- Rechtsausschuß entstammt einer Juristen- und Politikerfamilie. Schon ein Vetter ihres Vaters durfte von 1961 bis 1962 für die FDP Justizminister unter Konrad Adenauer sein; ihr Vater, Rechtsanwalt und Notar, schaffte es bis zum Bürgermeister in Minden.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger selbst, seit 1978 Mitglied der FDP, arbeitete nach dem Jura-Studium ab 1979 als Regierungsrätin beim Deutschen Patentamt in München, zuletzt als Leiterin der Abteilung Verwaltung/Personal/Haushalt. Am 2. Dezember 1990 zog sie über die FDP-Landesliste Bayern in den Bundestag ein. bg