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Bonn apartGenscher nach Irak

■ Spekulationen über seine Rückzugsgründe

Wo, wie diese Woche in Bonn, keine überzeugenden Gründe für einen überraschenden Rücktritt geliefert werden, halten sich hartnäckig Gerüchte und Spekulationen. Hat Genscher mit Veröffentlichungen über Verstrickungen in Waffengeschäfte oder andere Skandale rechnen müssen? War der zu Ostern erhobene und vom Auswärtigen Amt wenig glaubhaft dementierte Vorwurf der Beihilfe für Rüstungsexporte in den Iran nur ein erster Warnschuß? Vor wenigen Wochen soll der Noch-Außenminister von Journalisten mit verfänglichen Fotos aus der EX-DDR konfrontiert worden sein. Zu Spekulationen über Genschers Rückzugsmotive trug gegen Ende dieser denkwürdigen Woche nicht zuletzt eine Äußerung seines designierten Nachfolgers bei: Auf die Frage von Journalisten, ob er überrascht gewesen sei, als er am Sonntag von FDP-Fraktionschef Solms das Datum (17. Mai) des Genscher-Rücktritts erfuhr, überlegte der sonst sehr mundflinke Kinkel fast eine halbe Minute. Dann erklärte er, der Termin habe ihn zwar nicht überrascht. Wohl aber Anderes, was ihm in diesem Zusammenhang erklärt worden sei. Ob es sich dabei um Begründungen für Genschers Abtritt gehandelt habe? „Kein Kommentar.“

Aus Sorge, Genscher könne das Leben als einfacher Abgeordneter langweilig werden, hat die Grüne Angelika Beer sich unterdessen eine sinnvolle Beschäftigung schon für seinen ersten freien Tag überlegt: am Sonntag, 17. Mai finden im Nordirak die Wahlen für eine regionale autonome Selbstverwaltung der Kurden statt. Ein Vorhaben, daß der Noch-Außenminister im März in Bonn gegenüber Kurdenführer Barsani „legitim und unterstützungswürdig“ nannte. Dringend gebraucht werden noch prominente internationale BeobachterInnen, auch um die Wahlen vor Übergriffen der irakischen Armee zu schützen. Andreas Zumach

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