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Die ultraspitzen Stiefeletten zum letzten Mal in „Wetten, daß...?“, ZDF  ■ Von Martin Muser

Ich erinnere mich noch gut, wie G. vor zwölf Jahren als juvenil-smartes Goldlöckchen in der ARD auftauchte. Wohltuend frech, witzig und vor allem jung mischte endlich einer die Geriatrie-fällige Altherren- Riege der Kulenkampffs, Fuchsbergers und Carrells auf. G. moderierte damals ein bescheidenes Fernsehquiz namens Telespiele, bei dem es darum ging, Videobalken über die Mattscheibe zu manövrieren.

Heute gilt G., 41, als einer der besten und erfolgreichsten Show-Master Europas. Wenn er moderiert, dann schwitzt sich ein Günther Jauch vor Aufregung die Socken voll, der Literaturmogul Reich-Ranicki schreibt eine RRRezension, und das nachfolgende Sportstudio verliert mindestens 15 Sendeminuten. Die Presse ließ schon im Vorfeld keinen Zweifel daran: G.s letztes Wetten, daß...? ist ein Ereignis von nationaler Bedeutung.

Dann war es soweit: Im Saal herrschte Bombenstimmung, und 15 Millionen hingen vor dem Schirm, als sich der Gladiator im Circus maximus der Fernsehunterhaltung aus der öffentlich-rechtlichen Arena verabschiedete. Und G. war gut. In der letzten Zeit schien der Mann mit der Vorliebe für die ultraspitze Stiefelette müde geworden zu sein. Verdammt zu ungebrochener Wohlgelauntheit, war ihm die freche Spontanität über die Jahre zum Habitus geronnen. Der ewig pubertierende Pausen-Clown mit dem bübischen Lächeln brauchte frischen Wind. G. ging (für eine geschätzte Gage von zwei Millionen) zu RTLplus. Ja, denn wo universelle Beliebtheit und Unterhaltung zur Ware geworden sind, deren Wert sich anhand von Einschaltquoten beziehungsweise Werbeeinnahmen errechnet, wird der Entertainer zwangsläufig zum Schacherer seiner selbst. Ab Herbst wird es also G. total geben: täglich von Montag bis Freitag live in einer Personality-Show nach amerikanischem Muster.

Verständlich, aber auch bedauerlich. Denn wirklich gut war G. vor allem dann, wenn es darum ging, die Grenzen der öffentlich-rechtlichen Verträglichkeit auszuloten. Aus der Spannung zwischen institutioneller Restriktion und frechem Überschwang bezog G.s Moderations- Stil seine eigentliche Qualität. In dem „Tutti Frutti e possibile“ des Privatsenders verliert G.s Witz jede Gewagtheit und wird zynisch oder zotig. Die Arena wird zum Wochenmarkt. Der Provokateur zum Marktschreier, dessen vermeintlich größere Freiheiten unter dem Diktat der Werbeblöcke, ProductPlacements und Sponsor-Ships verblassen.

Gut zu wissen, daß G. — falls er seinen Schritt bereuen sollte — der Rückweg jederzeit offen steht. Denn, wie lautete es im Abschieds- Ständchen des ZDF-Teams am Ende der 36. Folge Wetten daß...? doch so schön:

Thomas G., Thomas G., hohiho/ du machst die schönste Show/ und verläßt Dich das Glück/ dann komm doch zurück/ denn so ein Team/ das gibt's sonst nirgendwo!

Nachtrag 1: Ein Frau aus N. wettete, daß sie 20 Jungs aus ihrem Dorf aus 15 Metern Entfernung an ihrem Pinkelstrahl erkennen kann. — Die Wette wurde abgelehnt. Schade.

Nachtrag 2: Nach der Sommerpause geht es bei Wetten, daß...? mit Wolfgang Lippert, dem ehemaligen Star-Entertainer des DDR-Fernsehens, weiter.

Nachtrag 3: Wer war G.? Wetten, daß Sie es erraten haben? — Top, die Wette gilt. (Tip: Es ist nicht der Hans-Dietrich Genscher gewesen. Die Auflösung folgt in der nächsten Ausgabe.)