Bremen kann keine Steuern mehr kassieren

■ Ausweitung des Streiks auf das Bremer Rechenzentrum / Müllabfuhr, Schulen, Posteingang weiter im Ausstand

Zu Beginn der zweiten Woche im Arbeitskampf haben die Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes jetzt auch erstmals das Pflegepersonal in drei Bremer Krankenhäusern zum Streik aufgerufen. Im ZKH St.-Jürgen Straße wurden die Urologie, Augen- und Frauenklinik mit Notbesetzungen bedient, heute soll das Zentralgebäude mit der Chirurgie in den Arbeitsausstand einbezogen werden. Die Operationssäle arbeiten mit halber Belegschaft, die Stationen „kochen“ auf Wochenend- Ration. Auch in den ZKHs Nord und Ost streikten die Pfleger. Intensivstationen, Ambulanzen und lebenswichtge Funktionsdienste bleiben besetzt. Auch die Krankenpflegeschulen werden bestreikt.

Die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) legte weiter die Müllabfuhr lahm. Erstmals wurde gestern auch das Rechenzentrum des Landes Bremen bestreikt. Erst am Morgen hatten sich Gewerkschaft und Finanzsenator vor dem Arbeitsgericht im Rahmen eines Vergleichs auf einen Notdienst verständigt. Danach werden alle Zahlungen wie Löhne, Gehälter, Honorare, Sozialhilfe usw. normal abgewickelt, alle Einnahmen des Staates können dagegen nicht verbucht werden. Steuern und Bußgelder werden folglich bis auf weiteres nicht mehr eingetrieben und Krankenhausabrechnungen nicht an die Krankenkassen zur Bezahlung weitergeleitet. Auch neue Autos können nicht mehr angemeldet werden. Die Einwohnermeldeämter nehmen zwar An-, Ab- und Ummeldungen entgegen, in der EDV können sie jedoch nicht erfaßt werden. Mit größeren finanziellen Auswirkungen für die Staatskasse rechnet der Finanzsenator jedoch erst bei einer längeren Streikdauer.

Ebenfalls zu: Straßen- und Gartenbau, Bauhof Bremen- Nord, Katasteramt und Versorugungsamt. Insgesamt streikten in Bremen gestern rund 3.000 Staatsangestellte.

In Bremerhaven ruhte die Arbeit in den Hallenbädern, in den Kindertagesheimen beim Wasser- und Schiffahrtsamt und bei der Müllabfuhr.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft bestreikte gestern drei Schulen: Die Gesamtschule Mitte, das Schulzentrum Butjadinger Straße und die Gewerblichen Lehranstalten in Bremerhaven. In Bremen genossen etwa 1.100 SchülerInnen den Streik der angestellten LehrerInnen. Die GEW kündigte für heute weitere Streiks im Bremer Osten an: Gesamtschule Ost und Schulzentrum Drebber Straße. Geschlossen wird auch die Schule an der Walliser Straße. Die für heute angesetzten Abschlußprüfungen werden jedoch von einem Notdienst durchgeführt.

Kein Anschluß gab es gestern unter der Nummer der Fernsprechauskunft. Die Post streikte in Bremen, Oldenburg, Bremerhaven und Osnabrück. Auch die Fernmeldedienste liegen auf Eis: Dauerstreik im Fernmeldezeugamt, das die Störungstrupps mit Material versorgt. Blockiert sind auch die Briefeingangsstellen, so daß die Post nicht verteilt wird. Für heute hat die Deutsche Postgewerkschaft den Streik der Störungsdienste angekündigt.

Bei den Bremer Eisenbahnern ist dagegen noch alles ruhig. Störungen des Personen-Nahverkehrs werden aber zum Wochenende erwartet. Ziel der Streikaktionen sind die Betriebshöfe, in denen die Loks gewartet werden. Von den Störungen im Fernverkehr war Bremen gestern noch nicht betroffen.

Die Gewerkschaft der Polizei rief für die Zulassungsstellen und für das Ausländeramt zu Streiks auf. Ebenfalls zu: Das Paßamt, das Einwohnermeldeamt Bahnhofstraße, die KFZ-Werkstätten der Polizei und die Botenmeisterei der Polizei und des Stadtamtes. Möglicherweise werden auch die Sicherheitskontrollen am Flughafen bald lahmgelegt. Wie ein Gewerkschaftsfunktionär mitteilte, würde man ab heute „geeignete Maßnahmen überlegen“. Die Maschinen der Fußballer und Fans zum Europapokalendspiel von Werder Bremen in Lissabon werden aber auf jeden Fall abfliegen und auch planmäßig wieder ankommen, verischerte die GdP. mad/Ase