Ökologen gründen „Anti-Atom-Forum“

Lobbyarbeit und Anzeigenkampagnen für den Sofortausstieg/ Verbände und Standort-Initiativen  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Berlin (taz) — Umweltverbände und Bürgerinitiativen haben am Wochenende in Greifswald ein „Anti- Atom-Forum“ gegründet, das die Schlagkraft der Ökologen gegenüber Politikern und der Atomlobby erhöhen soll. In dem Gründungsmanifest, das neben Bürgerinitiativen an Atomstandorten Greenpeace, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) unterschrieben haben, wird kompromißlos der „sofortige Ausstieg aus der Atomenergienutzung“ gefordert. Mit von der Partie ist auch der Dachverband von Millionen organisierten Umweltschützern, der Deutsche Naturschutzring.

Die Bevölkerung habe einen „Rechtsanspruch auf Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum vor Atomkatastrophen und der schleichenden Verseuchung durch den alltäglichen Betrieb von Atomanlagen“, heißt es in dem Manifest. Auch die Klimaprobleme ließen sich mit der Atomkraft nicht lösen, im Gegenteil: Ein dezentrales, ausgereiftes, zukunftsorientiertes Energiekonzept gegen die weitere Aufheizung des Klimas werde es mit der Atomkraft nicht geben. Zur Vorstellung des Manifests hatten sich rund 300 AtomkraftgegnerInnen in Greifswald versammelt. Der Ort war mit Bedacht gewählt: In Greifswald will die westdeutsche Atomindustrie ein großes Zwischenlager für Atommüll errichten.

Ziel des „Anti-Atom-Forums“ sei es, atompolitische Schwerpunkte festzulegen und dort das „politische Gewicht der Verbände und Bürgerinitiativen konzentriert ins Spiel zu bringen“, erklärt Heinz Laing von Greenpeace die Motive für die Gründung. Ein Schwerpunkt werde in den kommenden Monaten sicher die Auseinandersetzung mit den Plänen der Bundesregierung für ein neues Atomgesetz sein. „Wir müssen gegen die Propaganda der Atomlobby gegenhalten“, so Laing.

Konkret soll in Anzeigen der Desinformation der Atomindustrie entgegengetreten werden. Die Ärztevereinigung IPPNW hat in den vergangenen Wochen bereits Anzeigen gegen die Verharmlosung von Niedrigstrahlung in bundesdeutschen Zeitungen unterzubringen versucht. Konzentriert wollen die Umweltverbände und die Bürgerinitiativen auch die Bundestagsabgeordneten bearbeiten. „Lobbyarbeit vor Ort“ ist das Schlagwort von IPPNW-Geschäftsführer Rolf Bader. Die Lobbyarbeit wird dabei vor allem auf die SPD zielen, die im Bundesrat jeder Veränderung des Atomgesetzes zustimmen müßte. Veränderungen am Atomgesetz will auch das „Anti-Atom-Forum“. Ein Ausstieg sei mit dem jetzigen Gesetz nicht machbar: „Das muß geändert werden“, so Bader.