Was trieb Frau Schalck nach Moskau?

■ Die Frau des ehemaligen „KoKo-Bosses“ war mit allerhand Akten im Koffer auf Auslandstournee

Bonn (taz) — Dem bayerischen Grenzpolizisten, der am 24.Juni vergangenen Jahres an der Paßkontrolle auf dem Flughafen München-Riem Dienst tat, war allein der Name des ausreisenden Passagiers einen Vermerk Wert: Sigrid Schalck- Golodkowski, so notierte der Beamte, hatte den Flug nach Moskau gebucht. Der Name war dem aufmerksamen Kontrolletti aus der Zeitung bekannt: Alexander Schalck-Golodkowski, der Ehemann der reisefreudigen Dame, sorgt als ehemaliger Chef-Schieber und Stasi-Obrist bis heute für Dauer-Schlagzeilen. Aus Akten des früheren Schalck-Imperiums „Kommerzielle Koordinierung“ (KoKo) geht hervor, daß Sigrid schon zu DDR-Zeiten häufig im Auftrag ihres Ehemannes auf Achse war. Ob zu Banken in Zürich oder zu Vertrauensanwälten nach Vaduz — da sein eigenes Körperprofil konspirativen Auslandsreisen entgegenstand, schickte „Big Alex“ gern seine eher unscheinbare Gattin auf geheime Mission.

Zwar traute sich der vormalige KoKo-Boß nach der Wende, mittlerweile als Frührentner am Tegernsee domiziliert, schon mal bis in die Wartehalle des Münchner Flughafen vor: Zu einem Treffen mit seiner früheren KoKo-Finanzexpertin „Traudchen“ Lisowski — „unter konspirativen Bedingungen“, wie er selbst später zu Protokoll gab. Doch der Gang durch die Paßkontrolle schien Schalck offenbar zu heikel. So mußte Gattin Sigrid im Juni 1991 wieder mal den Koffer packen und sich gen Moskau aufmachen. Die bayerische Grenzpolizei meldete ihre Ausreise vorsorglich dem Verfassungsschutz. Der wiederum wußte bald zu berichten, Frau Schalck- Golodkowski sei schon zwei Tage später via Hamburg wieder in die Bundesrepublik eingereist. Zu wem und zu welchem Zweck die KoKo- Lady nach Moskau gereist war, konnten die Kapuzenmänner allerdings nicht in Erfahrung bringen. Daß der Ausflug in die Haupstadt der Noch- Sowjetunion womöglich nicht nur touristischen Zielen galt, scheint der genannte bayerische Grenzbeamte geahnt zu haben: Als Auffälligkeit hielt er auf dem Meldezettel fest, das Reisegepäck des Passagiers Sigrid Schalck-Golodkowski habe vorwiegend aus Aktenmaterial bestanden. Thomas Scheuer