Waigel will Arbeitsamt-Zuschuß streichen

■ Finanzminister legt Unionsfraktion Sparkonzept vor/ Haushaltswachstum soll auf 2,5 Prozent, die Neuverschuldung auf 40 Milliarden begrenzt werden/ Keine weiteren Steuererhöhungen

Bonn (taz/dpa/ap) — Der Countdown für das Bonner Streichkonzert hat begonnen. Zwar konnte Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) gestern der Unionsfraktion noch keine Liste mit einzelnen Spar- und Kürzungsvorschlägen präsentieren, dafür machte er aber klar, daß er es mit dem rigiden Sparkurs diesmal ernst meine. In seinem Bericht zur finanzpolitischen Lage kündigte der Kassenwart erneut eine Begrenzung des Haushaltswachstums bis 1996 auf 2,5 Prozent an. Lediglich den ostdeutschen Ländern und Gemeinden will der Minister Mehrausgaben von 7 bis 8 Prozent zubilligen. Wo jedoch der Rotstift angesetzt wird, darüber sollen die einzelnen Ressorts bei der Aufstellung ihrer Etats entscheiden. Über die Einzelheiten, so der Finanzminister, müsse in den anstehenden Chefgesprächen vorentschieden werden. Als erste konkrete Kostenbremse wird derzeit nur die Streichung der Bundeszuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit ab 1993 gehandelt. Waigel bekräftigte die tags zuvor bekanntgewordenen Gedankenspiele, wonach die Nürnberger Anstalt ihre Ausgaben durch Begrenzungen, etwa bei Lohnersatzzahlungen in den neuen Bundesländern oder versicherungsfremden Leistungen, künftig selbst abdecken müsse. Steuererhöhungen in dieser Legislaturperiode oder ein Haushaltskonsolidierungsgesetz, so Waigel, seien unter diesen Voraussetzungen nicht erforderlich. Doch ob sich damit die fehlenden Milliarden einsparen lassen, ist fraglich. Die Zuschüsse an die Bundesanstalt belaufen sich in diesem Jahr auf rund fünf Milliarden Mark. Aus Teilen von SPD, FDP und CDU/CSU wurde das Sparvorhaben bereits heftig kritisiert, da Beitragserhöhungen nicht ausgeschlossen sind. Nach den Eckdaten des Finanzministers sollen im kommenden Haushaltsjahr neue Kredite in Höhe von 40 Milliarden Mark aufgenommen werden. In diesem Jahr liegt die Nettokreditaufnahme bei knapp über 45 Milliarden Mark. Sie soll nach den Vorstellungen Waigels bis 1995 auf 25 Milliarden Mark gesenkt werden. Das Ausgabenmoratorium bedeute, daß für Vorhaben wie Bahnreform, Pflegeversicherung, Familiengeld oder erhöhtes Wohngeld im Osten „kreditneutrale Gegenfinanzierungen“ gefunden werden müßten, so der Minister. Auch die Unternehmenssteuerreform soll demnach „aufkommensneutral“ gestaltet werden. Jeweils 15 Milliarden Mark will Waigel bis 1995 jährlich für den Länder-Finanzausgleich und die aufgelaufenen Zins- und Tilgungsverpflichtungen der Treuhand bereithalten. Erst ab Ende 1994, wenn sich Altlasten aus Treuhanddefizit und Kreditabwicklungsfonds auftürmen, sollen dann alle Sondertöpfe in die regulären Etats einbezogen werden, um die Schattenhaushalte zu beenden. Doch vielleicht ist die Koalition dann nicht mehr an der Regierung. es