Autofreier Sonntag auf dem City-Ring

■ Innenstadtring soll Sonntag blockiert werden: Heftigster Verkehrsprotest in Berlins Geschichte/ SPD-Bürgermeisterkandidaten demonstrieren mit

Berlin. Über 50 Bürger- und Stadtteilinitiativen sowie Umweltverbände haben für den kommenden Sonntag Protestaktionen gegen die geplante Schließung des Innenstadtrings angekündigt. Höhepunkt der Aktionen mit Festen und Fahrraddemos ist eine Menschenkette, die gegen 18 Uhr von etwa 12.000 Leuten auf dem 18 Kilometer langen Straßenring geschlossen werden soll. Kommt die Menschenkette zustande, wäre dies der stärkste Protest gegen die Verkehrspolitik in der Berliner Geschichte. Anlaß für die Aktion ist die geplante Ringschließung.

Die Verkehrsverwaltung will in Kreuzberg die Oberbaumbrücke für den Autoverkehr öffnen und in Wedding die Bernauer Straße mit der Invalidenstraße verbinden. Ring-Gegner befürchten, daß auf den Ringstraßen dann so viel Verkehr fließen wird wie jetzt auf der Entlastungsstraße — täglich bis zu 80.000 Autos. Damit würde sich die Zahl der Autos zum Teil verdreifachen.

Bis auf Wolfgang Naujokat aus Tiergarten haben alle anderen SPD- Bürgermeisterkandidaten der fünf Innenstadtbezirke gegenüber der taz angekündigt, sich an den Aktionen zu beteiligen. Der Friedrichshainer Kandidat und jetzige Bürgermeister Helios Mendiburu fordert von Verkehrssenator Herwig Haase (CDU), Prioritäten zu setzen. Wenn der Senator 80 Prozent des Verkehrs mit Bus und Bahn und 20 Prozent mit dem Auto bewältigen wolle, müsse er die Oberbaumbrücke zu aller erst für die U-Bahn Linie 1 und die Straßenbahnlinie 3 und 4 öffnen. Erst dann könne man darüber reden, ob auch Autos über die Brücke fahren sollten. Die Friedrichshainer BVV ist dagegen, daß die Brücke für den Autoverkehr geöffnet wird.

Peter Strieder, Kreuzberger SPD- Kandidat, will, daß aus dem von der Umweltverwaltung kürzlich vorgestellten Gutachten über die Schadstoffe des Autoverkehrs Konsequenzen gezogen werden. Sofort dürften nur noch schadstoffarme Autos innerhalb des S-Bahn-Rings (etwa 1,1 Millionen Einwohner) fahren. So könnte die dramatische Luftverpestung und der Lärm um ein Drittel gesenkt werden.

Jörg Spiller, Weddinger Bezirksbürgermeister und SPD-Kandidat, wird in der Bernauer Straße sein: »Wir wollen hier keine Schnellstraße haben.« Es gebe zwar Argumente für den Ring, aber der Verkehrssenator habe bisher nicht erklären können, wo zum Beispiel der Verkehr zwischen Bernauer Straße und Invalidenstraße fließen soll.

Der BUND lehnt die Auflagen der Polizei ab, nach denen die Fahrraddemos nur einspurig, die Straßenfeste in Nebenstraßen und die Menschenkette nur fünf Minuten auf dem Fußweg stattfinden darf, und ist vor das Verwaltungsgericht gegangen. Das Gericht wird heute mittag über die Auflagen entscheiden. Dirk Wildt

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