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Willie! Willie!

■ Wilfried Siebold, Bremens buntester Kunsthund, wird 50 / Ausstellung im Presse-Club im Schnoor

hierhin den Bart

Wilfried Siebold, Nicht-nur-Maler

Wer so aufwächst! Als Schaustellerkind, Aushife in einer „Liliputaner“-Artistengruppe, immer unterwegs zwischen Märkten und Varietes. Dann im Internat bei gestrengen Patres, während die ferne Mutter aus Ägypten Orangenblätter schickt. Schließlich als Schaufenstergestalter bei Karstadt in Bremen. Wer so aufwächst, muß in ein Leben voll Ei

gensinn rutschen.

Wilfried Siebold ist Bremens buntester Hund, hat sich als Maler auf Bremens größten Wandflächen verewigt, in der Neustadt rennen Türkenkinder hinter ihm her — „Willie! Willie!“ —, auf sein Konto geht der „Arbeitslosen-Container“, und er wird 50. Anlaß genug, Wilfried Siebold mit einer Ausstellung zu ehren: Bis zum 7.Juni hängen „50 Jahre, gemalte Biographie — ... das kann doch nicht alles gewesen sein!“ im Bremer Presse-Club im Schnoor.

Zwei Jahre hat Siebold für die Ausstellung gearbeitet. Ein Atelier besorgt. Alte Fotos rausgekramt. In menatale Strudel geraten. Das Atelierhocken ist seine Sache nicht. Ebensowenig das kleine Format. Nun glotzt uns ein uralt- feistes Kind von der Leinwand an, ein Kommunionkind mit Schrundelknien, ein Gestriegelter aus dem Wehrpaß.

Und dann immer wieder der Löwenhaarige mit Rauschebart und Hut, wie wir ihn kennen. Seit dem Tag, als der „Bund“ vorüber war, trägt Siebold lang. Keine Mode. Nie! Naiv-dekorativ-illusionistisch-und-manchmal-geradezu-expressiv, der Stil der Bilder. So wie er seine Bunkerwände in Hemelingen, Lüssum usw. bemalte. Bilder, die jeder versteht.

1966 ging er nach Berlin. Studieren. „Informatonsästhetik“. Aus der Zeit stammt Siebolds „kybernetische Grafik“, sie schon mit didaktischem Hintergedanken. Nichts lag Siebold ferner als der Elfenbeinturm, nichts näher als die sozial Schwachen, mit denen er immer wieder Kunst machte. „Der Junge hat was Kommunistisches,“ mutmaßte seine Mutter während der wilden Berliner Jahre, als er gerichtsnotorisch wurde. Wieder in Bremen, arbeitet er als Lehrer ohne pädagogische Qualifikation. 1975 hängt Siebold ein Kunstpädagogik-Studium an. Dann kommt der Einstellungsstop.

Freischaffend! „Mit Manske bin ich per Du.“ Früh wendet sich Siebold einer typischen Bremensie zu, der „Kunst im öffentlichen Raum“. Mit Hilfe des Referatsleiters und der dünnen Bremer Hängematte für Künstler schlägt sich Siebold durch. Soziale Künstlerförderung, Wettbewerbe, ABM, „Teamer und Referent“ heißt es in der Biographie. „Im Vergleich zu anderen Städten geht es uns älteren Künstlern in Bremen noch gut,“ weiß der Gewerkschafter (Vorstand IG Medien). Das sagt einer, der nach all den Jahren als Opfer der ABM- Kürzungen nun auch auf Arbeitslosenhilfe angewiesen ist. Immer noch besser als nix: Künstler, die nie eine (ABM-)Stelle hatten, sehen ganz alt aus.

Ein Altmeister der Illusion: In der Mathildenstraße 17 hat er Stuck ans Haus gemalt wie echt; Garagen wurden so verziert, daß sie im Garten untergingen; einer Altenwohnung hat er eine neue Perspektive verpaßt: „Im Altenheim war kein Fenster,“ gesagt, gemalt. Und die eigene Zukunft? „Da weiß ich gar nix! Dies ist wirklich ein Einschnitt jetzt.“ Er weiß nur eins: Die Zukunft geht über die Leinwand. Burkhard Straßmann

Bremer Presse-Club, Schnoor, geöff. Mo.-Fr. 11-14.30, 18-24 Uhr.

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