Nur der Leichenwagen war im Einsatz

■ Auch gestern ging im öffentlichen Leben fast nichts mehr/ Nur die Flughäfen setzten für 24 Stunden den Streik aus/ Neu im Streik: Wachpolizisten und Politessen/ Polizeipräsident ohne Sekretärin

Berlin. Einzig positive Nachricht vom gestrigen vierten Streiktag: Um 6 Uhr morgens begann eine 24stündige Streikpause der Flughäfen Tempelhof und Tegel. Da aber nicht genug Flieger in Berlin waren, mußten eine Reihe von Flügen gestrichen werden. Die rund 1.000 streikenden Beschäftigen, einschließlich der Flughafenfeuerwehr und des gesamten Bodenpersonals der Berliner Flughafen Gesellschaft haben sich der eintägigen Streikpause angeschlossen. Informationen über den aktuellen Stand können zwischen 6 und 22 Uhr unter der Rufnummer (W) 887588 eingeholt werden.

Wer auf die BVG angewiesen war, mußte wieder kräftig in die Pedale treten, Fahrgemeinschaften nutzen oder im Stau warten. 1,55 Millionen Fahrgäste waren bisher täglich vom Ausfall der Busse und U-Bahnen in West-Berlin betroffen. Rund 5.000 Beschäftigte aus zehn Krankenhäusern beteiligten sich gestern am Arbeitskampf. In allen betroffenen Kliniken wurde die Patientenbetreuung durch Notdienstvereinbarungen gewährleistet. Weiterhin bestreikt wurden die Brief- und Paketpostämter sowie zwei Fernmeldeämter in West-Berlin. Bis gestern konnten fast vier Millionen Briefe und rund 83.000 Pakete nicht zugestellt werden.

Zu den bestreikten Bezirksämtern von Charlottenburg, Reinickendorf und Tempelhof kamen Wilmersdorf, Zehlendorf und Schöneberg hinzu. Davon betroffen waren auch Ganztagsschulen und 177 Kitas in diesen Bezirken.

Im Ausstand befanden sich auch weiterhin Mitarbeiter der Gasag, der Wasserbetriebe, der Schleusen, der Straßenreinigung, der Müllbeseitigung, das Abfallbeseitigungswerk Süd, die Müllverbrennungsanlage Britz und die Mitarbeiter der Müllverwertungsbetriebe in Ruhleben. In West-Berlin arbeiteten nur Notdienste für Havariefälle und die Krankenhausentsorgung. Nach Angaben von Gesundheitssenator Luther (CDU) gehe derzeit von den rund 10.000 Tonnen Hausmüll noch keine Seuchengefahr aus.

Der Streik erfreute sich auch gestern bei der Polizei großer Beliebtheit. Rund 900 Wachpolizisten, 100 Politessen und 400 Angestellte im Berliner Polizeipräsidium legten gestern ihre Arbeit nieder. Betroffen waren davon weite Teile der Bezirke Tiergarten, Charlottenburg, Schöneberg, Tempelhof, Steglitz und Zehlendorf. Der Fahrdienst des Polizeipräsidiums wurde eingestellt, nur der Leichenwagen und ein Wagen der Mordkommissionen waren im Einsatz. Polizeipräsident Schertz mußte ohne seine Sekretärin auskommen.

Wer sich von den Streikstrapazen abends kulturell erholen wollte, stand vielerorts vor verschlossenen Türen: die staatlichen Schauspielbühnen wurden auch gestern bestreikt. wahn