EIN BESCHEIDENER VORSCHLAG Von Hans-Georg Behr

Morgen, Mütter wird' s was geben, nämlich hier das Kreuzworträtsel. Das soll leserfreundlicher sein. Ihr seid erst übermorgen dran, einen ganzen Tag lang, also fast einen ganzen, ein paar Minuten immerhin. Das habt ihr verdient.

Ohne euch gäb's uns ja nicht — sollen wir dafür danken? —, und schon Lübke selig hat erkannt: „Jeder Mensch hat eine Mutter.“ Da wir seither einige medizinische Fortschritte gemacht haben, können's auch zwei sein.

Warum seid ihr das eigentlich geworden? Eine erfahrene Mutter (vier Görs) hat mir erklärt, das sei wie beim Schnupfen: Bei einer gehe es los, und flugs sind alle Freundinnen angesteckt. Dank Darwin weiß ich, daß ihr einfach eurem Instinkt folgt wie die Pinguine und Krokodile im Fernsehen — hat euch das auch angemacht? —, und den Politikern danke ich die Erkenntnis, daß ihr für unsere Renten unentbehrlich seid.

So kam's denn auch zum Muttertag. Erst zaghaft in den Zwanzigern, dann richtig schwungwoll ab '33. Da brauchte man ja auch Frischfleisch für die neuen Lebensräume. Wenn ihr aber Trümmerfrauen wart, habt ihr trotz Verfassungsgerichtsurteil Pech gehabt: Ihr seid einfach unfinanzierbar. Sagen die, denen ihr auch den Paragraph 218 verdankt, der euch — hören wir von Dyba und Waigel — als einziges Mittel zu eurem Instinkt zwingt.

Leider müssen wir euch heute eröffnen: Das mit den Renten ist gar nicht wahr. Die sichern schon längst unsere Türken und illegalen Gastarbeiter, und das reicht auch nicht. Ihr seid zu teuer, laßt euch das mal vorrechnen, und eure Leibesfrüchtchen kommen uns noch teurer: Wer soll denn bei Vollautomatisierung ihre Stütze finanzieren, wo doch schon ihre sogenannte Ausbildung nicht mehr zu bezahlen ist?

Wir brauchen euch nicht mehr, und der einzige Grund, warum euch Politiker immer noch ins Maul nehmen, wird nur diskret angedeutet: Ihr sollt unsere Rasse nicht aussterben lassen. Aber das wißt ihr spätestens seit '33, und werft wohl deshalb. Insofern kann es als kulturelle Evolution gesehen werden, daß ihr mittlerweile ab dem dritten Gör bereits als asozial geltet und keine Wohnung mehr kriegt, nicht einmal ein Mutterkreuz.

Was habt ihr sonst noch für Ausreden, euren Reproduktionstrieb zu stillen? Daß die Kleinen so niedlich sind? Das gibt sich bekanntlich schnell, fragt eure Nachbarin, und an der zunehmenden Verwilderung unserer Rasse seid ihr ganz allein schuld, fragt eure PolitikerInnen. Kinder kriegen könnt ihr, aber die vordbildliche Familie, die eure BonzInnen immer einklagen, schafft ihr schon kaum mehr, nicht einmal die Knorr-Familie, höchstens eine schlechte Lindenstraße. Und was habt ihr davon? Na gut, übermorgen... Aber kochen dürft ihr dann meist auch.

Also gut: Lebensinhalt. Euch fällt wohl auch nichts anderes ein als den Ratten: Junge kriegen und atzen usw. usf. Nicht einmal zum Ameisenstaat habt ihr's gebracht, wo immerhin eine volkswirtschaftlich wertvolle Arbeitsteilung herrscht.

Ihr aber wollt immer gleich Arbeiterin und Königin sein, was sich — Mutterschutz hin, Erziehungsjahr her — einfach nicht mehr rechnet. Ihr seid lästig und out, und das Gefasel übermorgen soll euch darüber nur trösten. Mein bescheidener Vorschlag: Schafft, wenn schon nicht euch selbst, wenigstens den Muttertag ab.