Eine Frau gegen drei ältere Herren

Auf den Philippinen wird am Montag über die Nachfolge von Präsidentin Aquino entschieden/ Blutiger Wahlkampf ohne klaren Favoriten/ Zugleich finden Parlaments- und Kommunalwahlen statt  ■ Aus Manila Charles Rimando

Es wird die komplizierteste Abstimmung in der Geschichte der Philippinen. Denn die 32 Millionen Filipinas und Filipinos, die am kommenden Montag wählen sollen, werden sich nicht nur für eineN NachfolgerIn von Präsidentin Corazon Aquino entscheiden müssen. Zugleich finden auch Parlaments- und Kommunalwahlen statt. Handtuchgroß sind die Stimmzettel, auf denen zwischen 38 und 42 Namen eingetragen werden müssen — und dafür veranschlagte die Wahlkommission maximal zwanzig Minuten, um eine mutwillige Verzögerung der Abstimmung zu verhindern.

17.000 Posten zu vergeben

Insgesamt werden über 17.000 politisch Ämter von der nationalen bis hin zur lokalen Ebene vergeben, darunter 24 Senatsplätze fürdas Oberhaus des phillipinischen Kongresses. Hinzu kommen 2000 Parlamentarier für das Unterthaus, die Gouverneure für die Provinzen, die Abgeordneten der lokalen Parlamente, Bürgermeister und Stadt- und Gemeinderäte.

Allein für den Senat, der am 16. September vergangenen Jahres in einer dramatischen Abstimmung gegen die Verlängerung des Stützpunktabkommens mit den USA vortierte, kandidieren 163 PolitikerInnen einer vielzahl von Parteien, Koalitionen und Bündnissen, von denen einige den Wahltag nicht überstehen werden.

Mit der ersten Hochrechnung wird bereits am 12. Mai gerechnet. Der/Die neugewählte PräsidentIn soll am 25. Mai proklamiert werden.

Im Mittelpunkt des Wahlkampfes, der von mehr als dreißig politischen Morden überschattet war, stand in den vergangenen Wochen erwartungsgemäß das hektische Rennen um die Präsidentschaft. Sieben AnwärterInnen bewerben sich um das höchste politische Amt des Landes, doch klare Favoriten gibt es noch nicht. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.

Die KandidatInnen

Als große Herausforderin für ein Trio traditioneller Politiker gilt bei den Präsidentschaftswahlen die ehemalige Chefin der Einwanderungsbehörde und kurzzeitige Agrarministerin Miriam Defensor-Santiago. Frau Santiago hat das Image einer energischen und unbestechlichen Politikerin. Mit ihrer Antikorruptionskampagne hat sie den Nerv zahlreicher Wählerschichten getroffen. Sie soll besonders viele AnhängerInnen unter der Jugend besitzen (etwa 70 Prozent der Wahlberechtigten sind im Alter von 18 bis 30 Jahren).

Einer, der ihren Sieg unbedingt verhindern will, ist der altgediente General Fidel Ramos, Wunschkandidat der scheidenden Präsidentin. Ramos ist einer der „American boys“ in der philippinischen Politik. Er geriet wegen seiner Rolle als einer der Architekten des Kriegsrechts während der Zeit der Marcos-Diktatur unter scharfes Feuer von seiten seiner Kontrahenten. Die massiven Vorwürfe versuchte er dadurch zu entkräften, daß er immer wieder darauf verwies, ja schließlich auch einer der Anführer der Militärrevolte gegen Marcos gewesen zu sein, die zum Sturz des Diktators führte. Außerdem habe er seine „Verfassungstreue“ als Aquinos Verteidigungsminister unter Beweis gestellt, indem er für die Niederschlagung von insgesamt sechs Putschversuchen gegen die Präsidentin sorgte. Seine stetige Loyalität war wohl ausschlaggebend für Frau Aquino, ihn als ihren Nachfolger zu empfehlen.

Aber auch Ramon Mitra, der Sprecher des Repräsentantenhauses, besäße das Wohlwollen des US-amerikanischen Bündnispartners. Für Furore sorgte in diesem Zusammenhang eine „interne Umfrage“ der amerikanischen Botschaft in Manila, die Mitra auf Platz 1 rangieren ließ. Er besitzt im Unterschied zu Ramos die Unterstützung der einflußreichen katholischen Kirche und verfügt von allen Kandidaten über die beste Parteimaschinerie. Mitra, dem eine Verwicklung in illegalen Holzabbau nachgesagt wird, gilt als konservativer Politiker und versuchte auf seinen Wahlkampftouren als „volksverbundener Präsident“ zu überzeugen.

In der Nachfolge Marcos'

Ebenso umstritten wie aussichtsreich ist der Dritte im Bunde „gegen“ Miriam Defensor-Santiago, Geschäftsmagnat Eduardo „Danding“ Cojuangco. Cojuangco — übrigens ein Cousin von Corazon Aquino — ist einer der reichsten Geschäftsleute der Philippinen. Sein Vermögen wird auf 500 Millionen Dollar geschätzt. Cojuangco mußte das Land wegen seiner Kollaboration mit Marcos, die ihm Millionen und Abermillionen einbrachte, nach dessen Sturz verlassen.

Wenige Tage vor dem letzten Putschversuch gegen Aquino Ende 1989 kehrte er zurück und setzt seitdem alles daran, Unternehmen, die ihm unter Marcos wie reife Kokosnüsse zufielen, wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Eines davon ist der größte hiesige Nahrungsmittel- und Bierproduzent, die San Miguel Corporation.

PS: Madam Imelda Marcos, die sich bekanntlich auch um die Präsidentschaft bewirbt, gehört zu drei weiteren KandidatInnen, die sich keine Chancen ausrechnen könnten. Angesichts der beschriebenen Szenarien ein schwacher Trost.