Türkei besorgt wegen Kämpfen an der Grenze

Istanbul (taz) — Der Präsident der aserbaidschanischen autonomen Republik Nahcivan, Haydar Alijev, hat die Türkei aufgefordert, als Nachbarland gegen die seit mehreren Tagen andauernden armenischen Attacken zu intervenieren. Zugleich berichtete Alijev, der zu den grauen Eminenzen in der sowjetischen Politik gehört — er war einst KGB-Chef und Mitglied des Politbüros —, daß der armenische Staatspräsident Leon Ter-Petrosyan ihm mehrfach zugesichert habe, daß die Angriffe auf das Territorium Nahcivans gestoppt werden würden. Die Zusagen seien jedoch nicht eingehalten worden. „Er hat sein Versprechen nicht eingehalten. Das Feuer geht weiter.“

Die Aussagen des Präsidenten von Nahcivan über armenische Attacken werden von türkischen Presseberichten aus der Region bestätigt. Unterstützt von Helikoptern und Panzern sei die 14.000 Einwohner zählende Stadt Sederek, nur 4 km von der türkischen Grenze entfernt, bombardiert worden. Mehrere öffentliche Gebäude und unzählige Häuser seien zerstört worden, und die Zivilbevölkerung werde evakuiert. Auch die Brücke, die die Türkei mit Nahcivan verbindet, erst seit kurzem wieder befahrbar, stehe unter Beschuß.

Die jüngste Entwicklung in Nahcivan hat die türkischen Politiker aufgeschreckt. Die Türkei sei nicht zu einer militärischen Intervention seitens des Präsidenten von Nahcivan aufgefordert worden, versuchte Ministerpräsident Süleyman Demirel die Gemüter zu besänftigen. Außenminister Hikmet Cetin konferierte mit seinem amerikanischen Kollegen Baker über die Lage in Nahcivan und bat diesen, seinen Einfluß geltend zu machen. „Die Lage ist ernst und gleicht nicht anderen Konflikten. Nahcivan ist ein Nachbarland, und das Kanonenfeuer ist von türkischer Seite zu hören“, soll der türkische Außenminister laut 'Hürriyet' seinem Amtskollegen gesagt haben.

Während türkische Politiker sich relativ zurückhaltend im armenisch- aserbaidschanischen Konflikt in Berg-Karabach äußerten und auf eine von der KSZE voranzutreibende friedliche Lösung drängten, birgt ein militärischer Konflikt in Nahcivan unmittelbar die Gefahr, daß die Türkei involviert wird. Im Gegensatz zu Aserbaidschan hat die Enklave Nahcivan eine — sieben Kilometer lange— gemeinsame Grenze zur Türkei. Und so wird die Türkei notfalls auch mit militärischen Mittel zu verhindern versuchen, daß die geographische Verbindung zu Nahcivan abgeschnitten wird. Zudem begreift die Türkei sich als Garantiemacht Nahcivans. Laut dem Vertrag von Kars, den 1921 die Türkei, Armenien und Georgien unterzeichneten, hat die Türkei ein Mitspracherecht, wenn es um die Veränderung des politischen Status der autonomen Republik geht. Ömer Erzeren