: Wirtschaftsförderung für Giftgrundstück
■ Wem gehört das verseuchte Molan-Gelände in Selbaldsbrück? / Risiken in Millionenhöhe
An der Sebaldsbrücker Heerstraße 175 liegt ein Schlüsselgelände für die künftige Verkehrspolitik in Hemelingen. Dort, wo vielleicht in ein paar Jahren ein Tunnel Entlastung für die Wohngebiete bringen soll, lagern jetzt noch tonnenweise chemische Gifte der Chemiefabrik Molan (siehe die Reportage auf Seite 32). Die hat dort, großzügig von der Gewerbeaufsicht toleriert, bis 1991 auf höchst gefährliche und giftige Art mit einer völlig verrotteten Anlage Schaumstoff produziert. Wem das Gelände gehört, wer für die Entsorgung des wahrscheinlich hochgradig vergifteteten Bodens und des Gebäudes zuständig ist, scheint völlig offen.
1985 hat die Stadt Bremen ausweislich eines Bürgerschaftsbeschlusses für zwei Millionen Mark die 8.000 qm große Fläche samt Gebäuden gekauft. Zum gleichen Preis verkaufte die Stadt Molan ein erstklassiges acht Mal so großes Gewerbegrundstück in Mahndorf. Der ungleiche Tausch wurde aus Mitteln der Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft subventioniert. Doch die will sich zu dem giftigen Thema lieber nicht äußern: „In Sachen Molan gebe ich keine Auskunft“, sagt der zuständige Wirtschaftsförderer Busch. Nur soviel: „Molan ist immer noch Eigentümer.“ Näheres solle bitteschön die Finanzbehörde erklären.
Deren Sprecher Jürgen Hartwig will sich von der WfG nicht den „schwarzen Peter“ zuschieben lassen. Nach einem Vermerk des Liegenschaftsamtes sei der Ankauf des Grundstücks unter Auflagen erfolgt. Im Mai 1991, also knapp sechs Jahre nach dem Verkauf, hatte das Liegenschaftsamt bei der WfG nachgefragt, ob die Auflagen denn nun erfüllt seien, sprich das Grundstück Bremen gehöre. Eine Antwort der WfG steht noch aus.
Daß der Kauf überhaupt mit Auflagen verknüpft war, war der Bürgerschaft 1985 vom Senat verschwiegen worden. Eine Auflage könnte gewesen sein, daß Molan die veraltete Sebaldsbrücker Anlage inklusive der damit zusammenhängenden Arbeitsplätze nach Mahndorf verlegt. Das dafür notwendige Genehmigungsverfahren ist von Molan aber nie ernsthaft betrieben, die Unterlagen sind nie komplett eingereicht worden.
Falls Molan das Grundstück also doch noch gehören sollte, hätte FirmenchefKlaus-Jürgen Dittrich dennoch ein hervoragendes Geschäft gemacht. Denn zumindest das subventionierte Gewerbegrundstück in Mahndorf verbleibt ihm. Und auch für das Grundstück in Sebaldsbrück hat Dittrich, den Kenner als „eiskalten Geschäftsmann“ charakterisieren, beste Chancen: Denn falls das Gelände noch nicht der Stadt gehört, so ist sie inzwischen dringend darauf angewiesen, um die Tunnelpläne für die Verkehrsentlastung Hemelingens vorantreiben zu können.
Die Kosten, die mit der Beseitigung der Molan-Altlast fällig werden, sind dagegen nicht einmal ansatzweise bekannt. Zwar wurde vor Jahren schon einmal ein Gutachten zur Grundwassersituation in Auftrag gegeben. Dem Beirat Hemelingen wurde das Ergebnis aber bis heute noch nicht vorgetragen. hbk
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