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Hoffnungslose Probe

■ »Rausland — eine Probe« — eine Koproduktion von Zata und dem Theater Kohlenpott

Auf der Bühne humpelt — meist mit Krücken — ein engagierter Jungregisseur herum, umringt von einer kleinen Schar nicht sonderlich talentierter Schauspieler. Sie alle versuchen ein Stück zusammenzuflicken, das seinen ästhetischen Anspruch mit dem brandaktuellen Thema »Asyl« verbindet. Das Unterfangen gerät durchaus komisch, vor allem, weil der Gestaltungswille des Regisseurs allerlei Kunststückchen verlangt, die mehr darauf angelegt sind, die Schauspieler zu überfordern, als daß sie dem Thema zuarbeiten.

Rausland — eine Probe heißt das neue Stück der Gruppe Zata, die diesmal in das russische Kulturzentrum an der Friedrichstraße gezogen ist, um zusammen mit dem »Theater Kohlenpott« einen theatralischen Exkurs zum Thema Ausländer zu starten. Das Ergebnis ist eine Backstage- Komödie. Da soll eine Schauspielerin 365mal auf einen Menschenhaufen spucken — für jeden Tag im Jahr einmal. Das gelingt ihr natürlich nur spärlich und auch mit der Order: »Denk an Stanislawski«, nicht viel besser. Eine Ausländerin mit Namen Freitag (Aha!) tanzt halbnackt im Einkaufswagen und hat allerlei fremde Blutrituale zu berichten — das ist krass und schrecklich sinnlich. Schließlich kommt ein Musical unter dem Titel »Der Gastfreund« zu Gehör, in dem ein Vater seinen Gast ermordet, der dann am Jesuskreuz verendet, während der Chor die Messer geifernd schleift und zur rockigen Musik ins Mikro bellt.

Was zunächst wie ein ironisch- flotter Einstieg anhebt, enttarnt sich bald als kompromißlerische Notlösung. Rausland ist der halbherzige Versuch, eine Reihe assoziativer Einfälle irgendwie zusammenzubinden; und die Hände triefen nur so vom Griff tief in die allzeit bereite Mythenkiste.

Hätte man nicht gerade vom Zata, das wir als so kompromißlos kennen, etwas mehr verlangen können? Wenn man sich schon beispielsweise an den Stilmitteln des Agitprop der sechziger/siebziger Jahre probiert, warum dann immer nur als schlechtes Zitat! Als wäre ihnen da auf halbem Weg der Mut steckengeblieben, das ganz andere Theater, das sich aufgrund des Themas aufzudrängen schien, einmal wirklich durchzuziehen. Statt dessen eine halbe Lösung, die nichts hergibt, sondern dafür allerlei komische Backstage-Situationen durchspielt — mehr schlecht als recht.

Die beiden Off-Gruppen bemühen sich sichtlich um Ehrlichkeit, doch wie sehr man anerkennen muß, daß der Mut vorhanden ist, zu wagen, was im Literatur- und Tanzgewimmel der Off-Szene sonst in Snobismus und ästhetischer Selbstgefälligkeit völlig untergeht — so sehr muß man auch das unbefriedigende Resultat zur Kenntnis nehmen: Der mit viel Selbstironie ausgestellte kritische Anspruch schlägt den Akteuren jäh ins eigene Gesicht zurück. Die Grenze zur Selbstgefälligkeit ist nun einmal äußerst dünn. Im Allerlei der Ansätze bleibt letztlich nur die Unsicherheit hängen und der etwas schmalbrüstige Versuch, mit der Collage das Ungefüge doch zusammenzubringen. Was fehlt, ist ein unnachgiebiges Forschen, ein Hammer in der Wunde. Der aber wurde hier nicht einmal probeweise geschwungen.

Fazit: Noch immer läßt sich mit Kunst so herrlich uneindeutig jonglieren und ohne Unkosten das engagierte Pathos herstellen. Doch wem genügt — geschweige nützt — das heute noch? baal

Weitere Vorstellungen: heute und morgen um 20 Uhr im Informations- und Kulturzentrum der Russischen Föderation, Friedrichstraße 179, Berlin Mitte.

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