Zuwenig Beweise gegen Schammberger?

Stuttgart (taz) — „Ich kann nicht sagen, der Angeklagte hätte die Taten nicht begangen.“ Aber, so Dieter König, Pflichtverteidiger des mutmaßlichen NS-Verbrechers Josef Schwammberger, rund 50 Jahren nach den angeklagten Verbrechen könne nicht mehr mit ausreichender Sicherheit bewiesen werden, „daß der Angeklagte als verantwortlicher Täter in Betracht kommt“. König forderte gestern am Ende des drei Verhandlungstage dauernden Verteidigerplädoyers vor dem Landgericht Stuttgart, den jetzt 80jährigen Angeklagten in mehreren Anklagepunkten mangels Beweisen entweder freizusprechen oder das Verfahren einzustellen. Auf die in sich und untereinander sehr widersprüchlichen Zeugenaussagen könne eine Verurteilung nicht gestützt werden. „Die Gefahr, daß dem Angeklagten Unrecht geschähe, ist zu groß“, schloß König sein Plädoyer.

Pflichtverteidiger Bächle vertrat die Auffassung, Schwammberger hätte aus strafrechtlicher Sicht die niedrigen Beweggründe seiner Befehlsgeber, nämlich den Rassenhaß gegen die Juden, bewußt erkennen müssen, als er ihre Anordnungen ausführte, um wegen Beihilfe zum Mord verurteilt zu werden. Dazu habe er als „gläubiger Nationalsozialist“ aber nicht die Fähigkeit gehabt, so Bächle.

Die Staatsanwaltschaft hatte Schwammberger hingegen 34 Morde und mehrere hundert Fälle der Beihilfe zum Mord angelastet und eine lebenslange Freiheitsstrafe beantragt. Die Verbrechen habe er zwischen 1942 und 1944 als Kommandant der NS-Zwangsarbeitslager in Rozwadow und Przemysl (Polen) begangen. In dem seit Juni laufenden Prozeß soll am 18. Mai das Urteil verkündet werden. Edgar Neumann