Israelischer Kunstpreis für palästinensischen Autor

Heftige Kritik aus palästinensischem und israelischem Lager/ Verleihung wird zum Zankapfel im Wahlkampf  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Zu heftigen Kontroversen führte die diesjährige Verleihung des „Israel Preises“ an den palästinensischen Schriftsteller Emile Habibi. Der staatliche Preis wird alljährlich im Rahmen des israelischen Gründungsfeiertages an zehn führende Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kunst verliehen. Das erste Mal in der Geschichte Israels erhielt mit dem 70jährigen Emile Habibi ein israelischer Staatsbürger palästinensischer Abstammung den Preis aus der Hand des israelischen Präsidenten. Den mit 8.000 Dollar dotierten Preis stiftete er dem palästinensischen Halbmond in Gaza.

Der aus Haifa stammende Schriftsteller, der 19 Jahre lang Mitglied der Kommunistischen Partei Israels war, stand mit seiner Entscheidung, den Preis anzunehmen, im Kreuzfeuer der Kritik. Der Generalsekretär des palästinensischen Schriftstellerverbandes Assad Al Assad mutmaßte, daß Habibi nun für seine moderate Position im Golfkrieg belohnt werde. Zahlreiche arabische Schriftsteller warfen ihm vor, den Preis trotz der täglichen Unterdrückungspolitik der israelischen Behörden in den besetzten Gebieten angenommen zu haben.

Während der Preisverleihung meldeten sich auch die israelischen Kritiker zu Wort. Es kam zu tumultartigen Szenen, als Habibi die Urkunde aus den Händen des israelischen Staatspräsidenten Chaim Herzog erhielt. Der ehemalige Minister für Wissenschaft, Juval Neeman, unterbrach den feierlichen Akt protestierend. Er kündigte an, denselben Preis, den er früher für seinen Beitrag zur Entwicklung der Atomphysik erhalten hatte, wieder zurückzugeben. Zusammen mit den Abgeordneten seiner rechtsextremen Partei „Tehya“ verließ Neeman anschließend den Saal. „Seine Werke sind voll des abgrundtiefen Hasses gegen Israel. Der Staat wird so dargestellt, als wäre es angemessen, ihn völlig zu zerstören“, formulierte Neeman seinen Protest. In einem seiner Werke, dem Pessoptimist schildere Habibi nach Aussagen des Ministers, Israel sei schlimmer als Sodom und Gomorrha oder Nazideutschland.

In Israel schieden sich die Geister. Rechtsradikale wie die Knesset- Abgeordnete Cohen lehnen es ab, daß der Preis an jemanden verliehen wird, der die palästinensische Intifada gutheißt. Tolerantere Kreise in der jüdischen Öffentlichkeit verurteilen dagegen das „rüpelhafte Benehmen“ der rechtsextremen „Tehya“- und „Kach“-Partei. Die Universität der Stadt Haifa bereitet bereits einen Empfang zu Ehren Habibis vor. Eine Gruppe von Professoren der Tel Aviver Hochschule plant ein Protestschreiben gegen ihren Kollegen Neeman. Der Vorsitzende des israelischen Schriftstellerverbandes, der Dichter Eres Bitton, verurteilte ebenfalls das undemokratische Verhalten der Rechtsparteien und verteidigte Habibi. Es wird erwartet, daß das Thema Habibi Zankapfel im gegenwärtigen israelischen Wahlkampf bleiben wird.

Habibi selbst erklärte nach der Preisverleihung, daß er die Proteste nicht kommentieren möchte. „Wir haben unsere Extremisten, und auf israelischer Seite ist das nicht anders — also sind wir quitt“, ließ er verlauten. Eigentlich wollte er bei dem feierlichen Akt selbst das Wort ergreifen. Die Organisatoren bestimmten aber einen anderen der zehn diesjährigen Preisträger, im Namen aller zu sprechen. Habibi plante in seiner Rede vor allem Versöhnliches. Er wollte einen gemeinsamen palästinensisch-israelischen Literaturpreis mit dem Namen „Ararat“ vorschlagen. Es gebe noch viele Sümpfe trockenzulegen, so das Manuskript. Man könne sich nicht damit abfinden, daß ein arabischer Dichter in Israel für das, was er in seinen Gedichten zum Ausdruck bringt, verurteilt werde. Damit wollte Habibi auf die Verurteilung des arabischen Dichters Schafiq Habib vor zwei Wochen anspielen, der in seinen Gedichten den palästinensischen Aufstand preist. Der Dichter wurde zu 3.000 Dollar Strafe und 3 Monaten Bewährung verurteilt. Habibi betonte, daß er den Preis im Namen aller arabischen und israelischen Schriftstellerkollegen annehme, die darin einen Ansporn sehen sollen, intensiver zum laufenden Friedensprozeß beizutragen.