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Kunst, Kunst, Kunst

Über neue Filme von Aldman, Lugin und Ivory  ■ Aus Cannes Thierry Chervel

Daß Robert Aldmans neuer Film The Player mit einer achtminütigen Fahrt beginnt, ist weniger interessant, als daß man dieses choreographische Kunststück gewissermaßen nur bemerkt, wenn man eigens darauf hingewiesen wird. Denn darin liegt ja nach einer alten Weisheit die Kunst, daß sie ihr Mittel nicht hervorkehrt und ihre Gegenstände wie unter Zelophan versiegelt. Robert Aldman bleibt bescheiden. Er habe nur das Buch von Jin Tolkin verfilmt, sagte er in der Pressekonferenz und macht darauf aufmerksam, daß sich sein Film in einem Satz zusammenfassen läßt: „Hollywoodboß bringt Drehbuchschreiber um und kommt damit durch.“

The Player ist Film über Film, aber keineswegs eine weitere sentimentale Selbstbespiegelung der Maschinerie, denn der Film bespiegelt den Film von außen, er ist eine Farce der Kleinen auf die Großen oder der Independents auf die Majors. „Niemals“, sagt Aldman, „hätte The Player in der Bürokratie eines Hollywoodstudios entstehen können“ — und genau davon handelt der Film zugleich, ein filmisches Pamphlet für die Befreiung des Kinos aus starren Konventionen, unterzeichnet von einem Haufen Majors-Stars wie Jack Lemmon, Cher, Julia Roberts und Bruce Willis, in dem sie in winzigen Nebenrollen oder als Statisten „sich selbst“ spielen.

Wie gesagt: Der Mörder kommt durch. Der Hollywood-Boß wird sogar befördert. Der Film hat ein Happy-End. Aldman und Tolkin stellen Hollywood auf den Kopf, indem sie es nachahmen.

Daß die Zentrale der Rechtsextremisten des Pavel Lugin Luna Park im Luna Park liegt, ist das eine. Daß die Achterbahnfahrten der Rechten zugleich zur filmischen Metapher werden und rasende Lust auf Kino machen, das andere. Darin liegt die Kunst bei Lugin (Taxi Blues).

Auch Luna Park läßt sich in einem Satz zusammenfassen: Ein junger Moskauer Rechtsextremist sucht seinen unbekannten Vater — und stößt auf einen Juden. Naoum Kheifitz, ein windiger, aber nicht unsympathischer Opportunist, der davon lebte, daß er Propagandalieder komponierte, der aber auch gute Beziehungen zu Mafia, Lebensmittelhändlerinnen, Prostituierten und ehemaligen Dissidenten unterhält.

Der Film hat durchaus etwas Appellatives, aber Lugin bringt seine pädagogischen Anliegen vor, daß es kracht. Luna Park ist so laut, chaotisch und absurd, wie das politische Kino im Westen zuletzt vor 20 Jahren — Robert Aldmans Mash zum Beispiel.

Bei James Ivory (Zimmer mit Aussicht), liegt die Kunst zugleich in Ausführlichkeit und Ellipse. Howard's End schweift durch E.N. Forsters gleichnamigen Roman, als wollte er nur Impressionen pflücken und vermitteln durch Schwarzblenden den Eindruck des Flüchtigen und Fragmentarischen, was bei einem Zweieinhalb-Stunden-Film bemerkenswert ist. Ausführlich ist Ivory nicht in den Panoramen, sondern in den kleinen Momenten, wenn die Kamera etwas länger als sonst üblich, auf den Gesichtern der Schauspieler verharrt. Und die können spielen: ein stilles Lachen nach innen, ein Seitenblick, ein Schaudern. London 1910: Die Begegnung der recht frei gesinnten Schwestern Schlegel mit der durch und durch konventionellen Familie Wilcox bekommt weder dieser noch jenen. Aber warum soll man Filme eigentlich immer nacherzählen?

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