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INTERVIEW„Ein Staatsstreich ist durchaus möglich“

■ Loretta Ann Rosales, Präsidentin der „Volkspartei“, zur Rolle der Linken beim Urnengang

taz: Frau Rosales, im Gegensatz zu den Parlamentswahlen von 1987 spielt die philippinische Linke bei diesem Urnengang keine besonders aktive Rolle...

Rosales: Die Linke in diesem Land hat sich nach ihrer Niederlage von 1987 mit Wahlen kaum noch beschäftigt; sie hat ihre Aufmerksamkeit voll und ganz auf die Basisarbeit konzentriert. Außerdem haben wir im vergangenen Jahr mit Erfolg die Wiederbelebung der „Partido ng Bayan“ (Volkspartei) vorangetrieben. Besonders stolz sind wir darauf, daß die staatliche Wahlkommission unsere Forderung erfüllt hat, die CAFGU (eine berüchtigte paramilitärische Truppe, die Red.) nicht zur Überwachung der Wahl einzusetzen.

Vielen Wahlberechtigten wird es nicht leichtfallen, eine Entscheidung zu treffen; bis zuletzt wurde nach akzeptablen Kandidaten und Alternativen gesucht. Warum ist die Linke nach wie vor keine annehmbare Alternative für den großen Teil der Bevölkerung?

Die Demokratie, wie wir sie auf den Philippinen haben, ist kaum dazu angetan, das Volk zu gewinnen: Sie ist elitär, äußerst beschränkt und selektiv. Sie gestattet keinen Pluralismus, läßt keine anderen politischen Überzeugungen und Programme zu. Es sind diese Strukturen, die in den vergangenen Jahrzehnten die Gesellschaft geprägt und kaum Platz für die Linke geschaffen haben.

Welchen Kandidaten wird Ihre Partei unterstützen?

Die Partido ng Bayan setzt sich offen für Jovito Salonga ein. Wir haben uns für ihn entschieden, nicht nur aufgrund seines Programms, sondern weil er akzeptiert ist in Bereichen, die uns wichtig sind — so zum Beispiel in der Frage der Ablehnung des Stützpunktvertrages mit den USA und der Kritik am Atomkraftwerk Bataan. Auch unterstützen wir seine Position in der Frage der Auslandsschulden, der Agrarreform sowie seinen Standpunkt zu den internen Friedensbemühungen.

Was halten Sie von den anderen Präsidentschaftsbewerbern? Ist eine/r von ihnen in der Lage, das Land innerhalb der nächsten zwei Jahre politisch zu stabilisieren und die philippinische Gesellschaft zu reformieren?

Ich fürchte, daß dazu keine/r von ihnen wirklich imstande ist. Mir ist bewußt, daß unsere politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zur Zeit so schlecht sind, daß niemand das Ruder herumreißen kann.

Wie werden sich die Militärs nach den Wahlen verhalten?

Ein Staatsstreich ist durchaus möglich. Für eine exakte Einschätzung der Situation muß man sich nur mal die politische Kräftekonstellation vor Augen führen. So spielen beispielsweise die USA immer noch eine entscheidende Rolle in diesem Land — obwohl ich nicht glaube, daß die USA einen Putsch wollen. Washington ist daran interessiert, daß die Wahlen so glatt wie möglich verlaufen. Sollte es jedoch zu einem Coup d'etat kommen, wäre die US-Administration gezwungen zu intervenieren, sich für eine Seite zu entscheiden. Einen Staatsstreich wird es meiner Auffassung nach nur dann geben, wenn aus den Wahlen kein klarer Sieger hervorgeht, kein neuer Präsident ernannt werden kann und dadurch eine Verfassungskrise ausgelöst wird (spätestens am 30. Juni muß Aquinos Nachfolger feststehen, eine Verlängerung ihrer Amtszeit ist gemäß den geltenden Verfassungsbestimmungen nicht möglich, d. Red.). Ein mögliches Machtvakuum nach den Wahlen vom 11. Mai könnte also eine Palastrevolte, einen Putsch von oben, verursachen. Ich glaube nicht, daß die rechtsgerichteten Militärs, die im Untergrund aktiv sind, einen Staatsstreich planen, denn die verfügen nicht über das notwendige Potential. Interview: Gebhard Körte

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