: Kein Friede in Berg-Karabach
■ Auch nach dem Teheraner Waffenstillstandsabkommen wird in der Kaukasus-Enklave gekämpft
Eriwan/Ankara (dpa/afp) — Kaum hatten sich die Präsidenten Aserbaidschans und Armeniens, Jagub Mamedow und Lewon Ter-Petrossjan, in Teheran auf ein Abkommen zur politischen Lösung des Konfliktes um Berg-Karabach geeinigt, da wurde in der Kaukasus-Enklave bereits wieder gekämpft. Nach einer 24stündigen Beschießung des überwiegend von Aserbaidschanern bewohnten Schuscha gelang etwa 2.000 armenischen Soldaten die Einnahme der 40.000-Einwohner- Stadt. Ob dieser letzte Stützpunkt der Aserbaidschaner in der armenischen Enklave jedoch auch am Sonntag von den armenischen Einheiten gehalten werden konnte, blieb zunächst ungewiß. Denn während aus Baku am Abend die Rückeroberung gemeldet wurde, gestand Eriwan lediglich die Bombardierung Schuschas ein. Nach Berichten beider Seiten sollen bei den Kämpfen Dutzende Menschen ums Leben gekommen sein.
Der aserbaidschanische Präsident Mamedow hatte bei seiner Rückkehr aus Teheran am Freitag abend gesagt, die Offensive der armenischen Einheiten gegen Schuscha gefährde die „sehr wichtigen“ Ergebnisse der Friedensgespräche. In dem Dokument, das die Präsidenten in Teheran unterzeichneten, war jedoch nicht festgelegt worden, daß der Waffenstillstand sofort in Kraft treten solle. Vielmehr wurde das Inkrafttreten von den Ergebnissen einer iranischen Friedensmission in der kommenden Woche abhängig gemacht. Zugleich wird jedoch immer deutlicher, daß die beiden Präsidenten offenbar nicht über die erforderliche Autorität verfügen, um alle Kämpfer zur Niederlegung der Waffen zu veranlassen. Seit September wurden bereits mehrere Feuerpausen vereinbart und dann doch gebrochen. Mamedow wurde das Präsidentenamt nur auf Zeit übertragen. Am 7. Juni sollen in Aserbaidschan Präsidentschaftswahlen abgehalten werden. Ter-Petrossjan ist den anhaltenden Forderungen armenischer Nationalisten ausgesetzt, die von Eriwan die Unterstützung der Armenier in Karabach verlangen.
Beim Gipfeltreffen der mittelasiatischen Staaten in der turkmenischen Hauptstadt Aschchabad ist es der türkischen Delegation gelungen, die „Verletzung der Rechte der Aserbaidschaner in Berg-Karabach durch Armenier“ auf die Tagesordnung zu bringen. Außerdem beschlossen die Türkei und Aserbaidschan, den UN- Sicherheitsrat anzurufen. Mit seiner Hilfe solle der Waffenstillstand in Karabach hergestellt werden.
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