„Kino im Zwielicht“

■ Veranstaltungsreihe über Kriminalfilme der NS-Zeit: Information & Kinogucken

Über „Film und Propaganda der NS-Zeit“ machen die Landeszentrale für politische Bildung zusammen mit Kommunalkino und Landesbildstelle seit fast 10 Jahren Seminare. Bis Freitag geht es in Bremen um Kriminalfilme der Nazizeit. Wir sprachen mit Michael Scherer von der Landeszentrale.

taz: Die Seminare über den NS- Film haben schon eine kleine Tradition und dazu eine Film-Fan- Gemeinde...

Michael Scherer: Ja, wir bearbeiten immer andere Schwerpunkte, z. B. Feindbilder im NS-Film, oder die hintergründige Propaganda im scheinbar reinen Unterhaltungsfilm. Mehr als 1.000 Filme wurden in der Nazizeit gedreht, und wir wollen zeigen, welche Maximen Goebbels bei der NS-Filmpolitik eingesetzt hat, um den Film politisch zu nutzen, für Indoktrinierung durch Kino. Er selbst hat ja gesagt: „Die beste Propaganda ist die, die man nicht merkt“. Es ist nicht immer alles dick aufgetragen, nicht alles wie bei „Jud Süß“! Trotzdem werden anti-englische, anti-sowjetische Tendenzen klar rübergebracht.

Diesmal geht es um den Schwerpunkt Kriminalfilm. Die Filme, die in Bremen zu sehen sind, wurden 39 bis 43 gedreht. Wie funktionierte Propaganda in dem Bereich? Welche Mittel gab es?

Zum Beispiel spielt keiner in Deutschland. Die Botschaft ist: Bei uns ist alles in Ordnung, aber in Amerika oder Skandinavien, da ist alles schlimm. Der Streifen „Im Namen des Volkes“ spielt allerdings in Bayern, da gab es mal Straßengangster, die tödliche Unfälle mit Stahlseilen provozierten, dagegen wude dann die Todesstrafe verhängt. Um das in der Bevölkerung durchzusetzen, wurde eben ein Film gemacht.

Das Seminar-Programm soll ja nicht nur lehrreich, sondern auch interessant sein und ungewohnte Genres einbeziehen, deshalb diesmal Krimi. Nicht, daß nur die alten Leute kommen und die Filme von damals gucken wollen...

Obwohl das interessant sein kann...

Ja! Das hat Vorteile, weil sie den jungen Leuten berichten können, wie da damals auf sie gewirkt hat. Wir wollen ja den Blick schärfen auch für Filme heute.

Wie läuft das Seminar praktisch?

Zur Einstimmung lassen wir Swing-Musik spielen, um in die Musik der Zeit einzustimmen, und der sehr sachkundige Henning Harmssen stellt dann kurz den Film dar: Idee, Besetzung, Schauspielersschicksale, und informiert über die Hintergründe der Produktion. Damit wollen wir die Distanzierung vom reinen Kintopp schaffen. Dann kommt der Film und danach weitere Informationen oder Debatte.

Gibt es denn filmerische Mittel, die typisch sind für diese NS- Filme, oder finden sich die Propaganda-Tricks in Produktionen anderer Länder und bis heute?

Ja! Die Propagandafilme aus Defa-Zeiten oder aus sowjetischer Produktion unterliegen ähnlichen Mechanismen, Produktionen der letzten 30 Jahre bis heute sind von der Machart her oft ähnlich.

Welche denn konkret?

Na, wie „Rocky“ gegen einen sowjetischen Boxer kämpft und beim Zuschauer ein proamerikanisches Gefühl geweckt wird... Natürlich ist heute die Technischen Möglichkeiten besser. Aber die Nazi-Filnme waren nicht unbedingt plump. Zum Beispiel der Schwarz-Weiß-Film „Die Rothschilds“: Wenn die Guten auftraten, war es hell, sobald ein Rothschild kam, gab's Düsternis und Schatten. Wenn man sich über solche Sachen klar wird, achtet man auch als normaler Kinogänger auf ganz andere Sachen.

Fragen: S.P.

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