Massengräber bei Sachsenhausen

■ Bei Grabungen außerhalb des Gedenkstättengeländes fanden Soldaten die Überreste von Opfern des sowjetischen »Speziallagers Nr.7«/ Eine Gedenkstätte ist geplant

Potsdam. Auf einem Hügel östlich der Gedenkstätte Sachsenhausen entdeckten vergangene Woche Bundeswehrsoldaten Skelettreste von Inhaftierten des sowjetischen Internierungslagers »Speziallager Nr. 7« aus der Zeit von 1945 bis 1950. Auf dem Gräberfeld — zu DDR-Zeiten eine NVA-Autoteststrecke — waren in 1,50 Meter Tiefe Gebeine sowie Kleidungsreste gefunden worden. Die zum Teil mit Draht an den Knochen befestigten Blechschilder mit Häftlingsnummern sowie der Fundort sind nach Überzeugung des Kulturministers von Brandenburg, Heinrich Enderlein, »zweifelsfrei der Beweis«, daß es sich bei den Funden um Opfer des Internierungs- und nicht des Konzentrationslagers handelt. Er sagte dies gestern in Potsdam. Nach Auswertung von Luftbildaufnahmen der britischen Armee und Augenzeugenberichten hatte Enderlein Ende letzten Jahres Suchgrabungen an drei Standorten außerhalb der Gedenkstätte freigegeben. Während auf dem einstigen Kommandantenplatz sowie dem Industriehof keine Skelette gefunden wurden, entdeckten die Soldaten auf dem Hügel 13 Massengräber. In Sachsenhausen hatte die sowjetische Besatzungsmacht zwei Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers etwa 60.000 NS- und Kriegsverbrecher, aber auch wahllos aufgegriffene Personen sowie eine Unzahl von Sozialdemokraten eingesperrt. Nach Angaben von Augenzeugen starben hier zwischen 15.000 bis 30.000 Menschen an Hunger, Kälte, Mißhandlung und Krankheit. Die wissenschaftliche Erforschung dieser Zeit ist erst möglich, wenn die in Rußland liegenden Unterlagen freigegeben werden. Bisher ist noch nicht einmal die Existenz der 1950 nach Moskau gebrachten Unterlagen bestätigt worden. Die Massengräber sollen dokumentiert und in eine geplante Erinnerungsstätte für das Speziallager einbezogen werden. Der Vorsitzende der brandenburgischen Gedenkstättenkommission, Bernd Faulenbach, bekräftigte zudem die Forderung nach einer räumlich getrennten und dennoch sich aufeinander beziehenden Darstellung der beiden Geschichtsabschnitte in einem Museum. Auch der Kulturminister besteht, wie Pressesprecher Nowak betonte, auf einer Darstellung, in der »der historische innere Zusammenhang zwischen den verschiedenen Opferseiten nicht herausgelassen wird«. Gegen jede Form der inhaltlichen Verschränkung des KZ- und des NKWD-Lagers innerhalb des Gedenkstättengeländes wehren sich aber vehement die NS-Opfer-Verbände. Sie fordern die Errichtung des Speziallager-Museums außerhalb des Gedenkstättengeländes. Die konkrete Diskussion über die Umgestaltung des Terrains soll unter Einbeziehung der Opfergruppen aber erst beginnen, sagte Nowak, wenn die Stelle des Gedenkstättenleiters Ende des Jahres neu besetzt ist. aku