: Zum Teilen nicht erzogen
■ Betr.: "Basis will Lied vom Teilen nicht singen " von Martin Kempe beziehungsweise Teilen-und-Sparen-Berichte überhaupt
betr.: „Basis will Lied vom Teilen nicht singen“ von Martin Kempe beziehungsweise Teilen-und-Sparen-Berichte überhaupt
„Die Stimmung steht auf Besitzstandsverteidigung“, kritisiert Martin Kempe in seinem Beitrag über das von der Gewerkschaftsbasis abgelehnte Erste-Mai-Motto „Teilen verbindet“. Er hat recht, übersieht aber eines: Von 1949 bis heute sind die Bundesbürger durch Politiker, Parteien und Gewerkschaften systematisch zum Haben statt zum Sein erzogen worden. Wer das kritisierte und beispielsweise darauf aufmerksam zu machen suchte, daß unser „Haben“ zu einem guten Teil auf den gekrümmten Rücken in der dritten und vierten Welt beruht, wurde als „rotes Schwein“ und zum Auswandern „nach drüben“ aufgefordert. Nun sind die „drüben“ zu uns gekommen. Und jetzt sollen die Leutchens plötzlich nach 43 Jahren markwirtschaftlicher Gehirnwäsche einfach vergessen und statt des eingetrichterten nackten Egoismus teilen können? In einer Gesellschaft, die ihnen vor allem eines beigebracht hat: „Haste was biste was“ und (sozial) Schwache sind minderwertig?
Tja, kleiner Irrtum, „liebe Brüder und Schwestern von drüben“: Ihr hättet ein bißchen mehr Panorama, Monitor und Report/Südwestfunk gucken und ernstnehmen sollen, statt —wie ich aus persönlicher Erfahrung weiß— vor allem das West- Werbefernsehen. Ich prognostiziere: Spätestens in drei Jahren haben wir Los-Angeles-Verhältnisse am Prenzlauer Berg und anderswo. Nicht ungestraft zieht man sich ein Volk von Raffzähnen heran. Schönhuber und Konsorten können schon mal die Säcke für die baldige überreichliche Ernte bereitlegen... Werner Schlegel, Essen
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