QUERSPALTE
: Heiliger Geist über der Rollbahn

■ Zur kirchlichen Weihe des neuen Münchener Flughafens im Erdinger Moos

Herr, guter Gott, wir danken dir, daß wir den Bau dieses Flughafens unter deinem Schutz vollenden konnten“, sprach Friedrich Kardinal Wetter, katholischer Erzbischof von München-Freising. Das Weihwasser spritzte, und die gläubigen KatholikInnen atmeten auf am neuen Münchener Flughafen im Erdinger Moos. Wenn der Herr seine schützende Hand über den Airport hält und der Heilige Geist die Rollbahn entlangweht, kann doch nichts mehr schiefgehen. Aber da haben die guten Christen an der Basis ihren Kardinal gründlich mißverstanden. Der habe den Flughafen gar nicht absegnen wollen, verteidigt man im Erzbischöflichen Ordinariat die erzbischöflichen Weihwasserspritzer. Die Sprache priesterlicher Handlungen sei eben schwer zu verstehen, und man müsse sich schon bemühen.

Haben wir getan. Hier können Sie also als KatholikIn überprüfen, ob sie Ihren schwarzgekleideten Weihwasserspender richtig verstanden haben: Das Segnen hat im katholischen Bayern eine lange und gute Tradition — ob Acker, Vieh, Feuerwehrhäuser und Autobahnen. Alles was ist, soll durch Segensworte und -tropfen in eine Beziehung zu Gott gestellt werden. Kurz, wo ein Mensch ist, gehört auch ein Weihwasserspritzer hin. Unter diesem großen theologischen Dach können Priester diesseits und jenseits von Bauzäunen Weihwasser verteilen und für die eine und die gegnerische Armee die Waffen segnen, nicht absegnen wohlgemerkt; die Spritzer sozusagen ein ubiquitärer Akt, fast wie die Kerosinwolken, die künftig über dem Erdinger Moos niedergehen.

Nun standen aber im Erdinger Moos der katholische Kardinal und der evangelische Landesbischof gemeinsam hinter dem Bauzaun, nicht davor. Das gibt zu denken. Der Verdacht entsteht, daß noch andere Motive die hohen geistlichen Herren zur ungleichen Verteilung der Weihwassermenge antreiben. „Und vergib uns unsere Schuld“, fuhr der Kardinal kurz nach der Weihwassereinlage fort. Da haben wir das Motiv: Die Kirchenoberen tragen Mitverantwortung für das Flughafenmonstrum mitten im Naturschutzgebiet. Weil Kirchenfürsten anders als der Mann vom See Genezareth immer hoch hinaus wollen und die Türme der Gotteshäuser gar nicht hoch genug sein konnten, ragte der Turm der Münchener Paulskirche so weit in den Himmel, daß ein Flugzeug im Dezember 1960 daran zerschellte. Bilanz: 52 Tote. Der Turm zum Wohlgefallen Gottes konnte nicht in Frage stehen, die massenhafte Fliegerei zum Wohlgefallen der Wirtschaft auch nicht. Also weihen auf Teufel komm raus. Hermann-Josef Tenhagen