Milizen torpedieren Friedensmission

■ Die Vermittlungsbemühungen des Iran zur Beilegung des Konflikts um die Kaukasus-Enklave werden durch die erneut aufgeflammten Kämpfe zwischen Armeniern und Aserbaidschanern nicht gerade erleichtert.

Milizen torpedieren Friedensmission Die Vermittlungsbemühungen des Iran zur Beilegung des Konflikts um die Kaukasus-Enklave werden durch die erneut aufgeflammten Kämpfe zwischen Armeniern und Aserbaidschanern nicht gerade erleichtert.

Als der iranische Vize-Außenminister Mahmood Vaezi gestern zu einer Reise nach Baku aufbrach, begann damit bereits die vierte Vermittlungsmission Teherans im Konflikt um die Kaukasus- Enklave Berg-Karabach. Aber auch schon im Juni 1989 — kurz nach dem Tod von Ajatollah Chomeini — war der neue iranische Präsident Ali Akbar Rafsandschani zum erstenmal in die damals noch existierende Sowjetunion gereist, zahlreiche Delegationsreisen und die Vermittlungsversuche des iranischen Außenministers Ali Akbar Welajati folgten. Der letzte Vermittlungsversuch Teherans in der letzten Woche schließlich war nach einem scheinbaren Erfolg erst an diesem Wochenende gescheitert. Trotz der Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens am Freitag eroberten am Samstag armenische Einheiten den letzten Stützpunkt der Aserbaidschaner in Berg- Karabach, die 40.000 Einwohner zählende Stadt Schuscha. Der Versuch der Aserbaidschaner, den nur 11 Kilometer von Stepanakert, der Hauptstadt der Enklave, entfernt liegenden Militärstützpunkt zurückzuerobern, scheiterte bisher.

Und auch am Montag haben die armenischen Truppen die Vermittlungsbemühungen Teherans nicht gerade erleichtert — nach Berichten der aserbaidschanischen Nachrichtenagentur 'Turan‘ rückten sie von Schuscha aus gegen die aserbaidschanische Stadt Latschin vor. Doch selbst wenn die wiederholten Friedensmissionen Teherans bisher gescheitert sind: Es scheint, als hätte gerade der Iran die besten Voraussetzungen, den Konflikt um die zu Aserbaidschan gehörende armenische Enklave — bei dem in den letzten vier Jahren mehr als 1.500 Menschen ums Leben gekommen sind — zu beenden. Denn im Unterschied zum türkisch-armenischen Verhältnis gelten die iranisch-armenischen Beziehungen traditionell als unbelastet. Um Probleme mit den Aseris in ihrem Land zu vermeiden — diese machen immerhin 20 Prozent der iranischen Bevölkerung aus —, dürfte Teheran außerdem wenig Interese an einem starken aserbaidschanischen Staat haben.

Gegen einen Erfolg der Mission Teherans spricht jedoch, daß beide Seiten anscheinend ihre „kämpfenden Einheiten“ immer weniger kontrollieren können. So mußte nach dem Beginn des Kampfes um Schuscha ein Sprecher des armenischen Präsidenten feststellen, daß es in Berg-Karabach Kräfte gebe, die Armeniens Präsident Ter-Petrosjan nicht kontrolliere; ebenso wie Aserbaidschan hat nun auch Armenien um die Entsendung einer UNO-Friedenstruppe in die umkämpfte Region gebeten.

Wenig Aussicht auf eine Beilegung des Konfliks macht aber auch die innenpolitische Situation in Aserbaidschan selbst. Knapp einen Monat vor den Präsidentschaftswahlen am 7. Juni gerät der Übergangspräsident Yakub Memedow immer mehr unter Druck. Ebenso wie seinem im März gestürzten Vorgänger Ayaz Mutabilow wird ihm vorgeworfen, bei der Verteidigung der aserbaidschanischen Interessen in Berg-Karabach nicht entschlossen genug vorzugehen. Enttäuscht wurden vor allem die Hoffnungen der Anhänger der nationalistischen Volksfront. Diese hatten nach dem Sturz des verhaßten Mutabilow eine schnelle Lösung des Konfliktes zu ihren Gunsten erwartet: „Innerhalb einer Woche“, so der stellvertretende Vorsitzende Nizazi Ibrahim im März in einem taz- Interview, würde Berg-Karabach von den „armenischen Kommandos gesäubert werden“.

Andererseits zeigt jedoch die Bereitschaft Aserbaidschans, die Vereinten Nationen einzuschalten, den Wunsch Bakus, den Konflikt möglichst rasch beizulegen. Angesichts der sich ständig verschlechternden wirtschaftlichen Lage ist die Lösung des Karabach-Konflikts die Voraussetzung für den Aufbau eines Staates, der sich, so der Vorsitzende der Volksfront, Elcibay, vor allem an der Türkei orientieren soll. Sabine Herre