Fernseh-Quickie ohne Höhepunkte

■ Einmal täglich: „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, RTLplus, 19.40Uhr

Geht es nach RTLplus-Chef Helmut Thoma, gibt's seit Montag ein neues Opium fürs Fernsehvolk: Gute Zeiten, schlechte Zeiten heißt die erste täglich erscheinende Serie in der deutschen Flimmerkiste. Damit hat der Kölner Privatsender ein Genre aufgegriffen, das in den USA seit den „Radio Days“ der dreißiger Jahre gang und gebe ist. Noch heute zeugt der Name „Seifenoper“ von der Tradition der Marathonmelodramen. Einst dienten die Endlos- Stories, die „die einsam bügelnde Hausfrau am Nachmittag“ an das Programm fesseln sollten, als Rahmen für die Waschmittelreklame.

Heutzutage ist den Programmherstellern jede Art von Zuschauer und Werbung recht. Deshalb hat Autor Felix Huby (Oh Gott, Herr Pfarrer, einige Tatorte) den australischen Dauerbrenner Restless Years auf deutsche Verhältnisse umgeschrieben.

Auch wenn die Seifenstückchen nur für jeweils 25 Minuten reichen, schon die erste Dröhnung der RTLplus-Droge bedeutete Konsumverzicht. Der Sendeplatz um 19.40 Uhr, das ist genau die Zeit zwischen Bratkartoffeln und einem Telefonat mit Freunden, mit denen man sich für einen Drink am Abend verabreden will. Wer Gute Zeiten, schlechte Zeiten sieht, muß auch die Tagesschau abhaken. Punkt fünf nach Acht, gerade wenn die ersten Schlagzeilen der Nachrichten versendet sind, enden die Folgen.

Anstelle eines „Stakkatos aus Liebe, Haß, Leidenschaft und der rasante Wechsel von Kulissen und Textilien“ ('Spiegel‘), lag in der Kürze keine Würze. Zwar kugelte schon nach der ersten Programm-Minute ein Teenie-Pärchen auf dem Liebeslager (wie vermeldet wurde, sind Sandra Keller und Andreas Eisholt auch im wirklichen Leben ein Paar!), doch barg die Szene kaum mehr Spannung als ein Senioren-Magazin. Wenige Sequenzen später — kaum eine ist länger als nur wenige Augenblicke, um Zapper von ihrer Lieblingsbeschäftigung abzuhalten — bekommt Lehrerin XY von ihrem Arzt eine Hiobsbotschaft. Als sie am Ende der Folge den Gashahn aufdreht, um ihrem traurigen Leben ein Ende zu bereiten (Arzt: „Sie waren ja auch nie verheiratet“) liefert sie damit den Cliffhanger, der das Interesse des Publikums über den Tag retten soll.

Das Suchtmittel hat nicht angeschlagen. Doch vermag uns ohnehin nach einmaliger Anwendung kaum eine Serie in ihren Bann zu ziehen. Denn erst wenn die DarstellerInnen zu „alten Bekannten“ geworden sind, die abgebrochenen Handlungsstränge der einzelnen Folgen sich langfristig zu den Schicksalsfäden der Figuren verweben, entwickeln sich Neugierde und Anteilnahme. Doch wer mag schon täglich Fast- Food essen? Sabine Jaspers