Schwarzrotes Nest voller fauler Eier

Baden-Württembergs Grüne kippen Spott und Hohn über die Koalitionsvereinbarungen  ■ Aus Stuttgart Dietrich Willier

Einen „Offenbarungseid der Wahlverlierer“ nannte gestern der Fraktionssprecher der baden-württembergischen Grünen, Rezzo Schlauch, die bisherigen Koalitionsvereinbarungen mit denen die Christ- und Sozialdemokraten des Landes am vergangenen Wochenende an die Öffentlichkeit getreten waren. Die Grünen hätten, so Rezzo Schlauch, jetzt in zwei Sondierungsgesprächen über die Möglichkeit einer schwarz-grünen Koalition bereits „ganz andere Resonanzen“ von seiten der CDU erspürt. Mit einem solchen Ergebnis aber, so Schlauch, hätte man nie gewagt, vor die eigene Partei zu treten. Von der SPD-Basis, die die Vereinbarungen zu einer großen Koalition voraussichtlich am 30.Mai auf einem Landesparteitag beschließen soll, erhofft sich Schlauch, daß sie die Beschlüsse nicht passieren läßt.

In seiner Kritik der Koalitionsvereinbarungen bezeichnete Schlauch den beabsichtigten Stopp von Hochbauvorhaben des Landes als Armutszeugnis. Dabei fielen vor allem geplante Projekte im Hochschul- und Krankenhausbau dem Rotstift zum Opfer, umweltvernichtende Tief- und Straßenbauprojekte sowie der Ausbau des Stuttgarter Flughafens gingen aber ungebremst weiter. Das „faulste Ei“ sehen die Grünen offenbar in den Koalitionsbeschlüssen zur Behandlung des baden-württembergischen Sondermülls. Die Ankündigung etwa, nach einem neuen Standort für die geplante Sondermüllverbrennungsanlage in Kehl, einer grenznahen Region, zu suchen, sei nicht nur unrealistisch, sondern falle noch weit hinter einen Allparteien-Kompromiß aus der letzten Legislaturperiode zurück. Mit den Beschlüssen zur Asylfrage sei der Weg zu einer Änderung des Asylrechtsartikels im Grundgesetz bereitet. Vor allem die SPD, so Schlauch, sei mit den bisherigen Koalitionsvereinbarungen „um Lichtjahre hinter das zurückgefallen“, was sie selbst in der Opposition jahrelang gefordert habe. So sei etwa in der Energiepolitik von einer Abschaltung des AKW Obrigheim keine Rede mehr, noch gebe es Aussagen zu einer von der CDU geplanten Fusion der beiden größten Energieversorgungsunternehmen, Badenwerk und EVS, und damit auch dem „schwarzen Filz“ im Lande. Der ehemalige Biberacher Landrat und Abgeordnete Wilfried Steuer hatte erst vor wenigen Monaten den Vorstandsvorsitz der Energieversorgung Schwaben übernommen. Der ihm verwandtschaftlich verbundene Präsident des Stuttgarter VfB und Finanzminister Gerhard Mayer-Vorfelder soll zum Jahresende den Vorstandssessel der Badenwerke besteigen.