Skin-Opfer in Magdeburg gestorben

Der Gartenbaufacharbeiter Thorsten L. erlag seinen schweren Verletzungen/ 60 Skins hatten Gäste einer Geburtstagsfeier überfallen und zusammengeschlagen/ Polizei richtet Sonderkommission ein  ■ Von Eberhard Löblich

Magdeburg (taz) — Die ausufernde rechtsradikale Gewalt in Sachsen- Anhalt hat jetzt das erste Todesopfer gefordert. Am Montag starb in einem Magdeburger Krankenhaus der 23jährige arbeitslose Gartenbaufacharbeiter Torsten L. Er erlag seinen schweren Schädelverletzungen. Thorsten L. und andere Gäste einer Geburtstagsfeier waren von rund 60 rechtsradikalen Skinheads in einer Magdeburger Gaststätte überfallen worden. Drei weitere Opfer dieses Überfalls von Sonntag nacht liegen noch mit schweren Verletzungen in einem Magdeburger Krankenhaus.

Nach Ansicht von Augenzeugen und der Polizei wirkte der Überfall alles andere als spontan, sondern geplant: gut vorbereitet und durchorganisiert. Rund 20 Jugendliche, überwiegend aus der Magdeburger Punkszene, feierten in der abgelegenen Gaststätte „Elbterasse“ den Geburtstag eines Freundes, als kurz vor Mitternacht die Skinheads mit „Heil Hitler“- und „Sieg Heil“-Rufen über die Partygäste herfielen.

Sie warfen mit Pflastersteinen, schossen gezielt mit Leuchtkugeln auf die Gäste des Lokals und droschen mit Baseballschlägern auf sie ein. Nur 15 Minuten dauerte der Überfall, aber die neonazistischen Glatzen hinterließen ein Feld der Verwüstung.

Die Magdeburger Polizei hat inzwischen eine Sonderkommission gebildet, die wegen des Tötungsdelikts, wegen gefährlicher Körperverletzungen und schweren Landfriedensbruchs ermittelt. Die Fahndung nach den Tätern läuft nach ihren Angaben „auf Hochtouren“. Sachsen- Anhalts Innenminister Hartmut Perschau spricht zwar bereits von ersten Festnahmen, Magdeburgs Polizeichef Johann Lottmann will das bislang aber weder bestätigen noch dementieren. Eine für den Montag nachmittag angesetzte Pressekonferenz zum Überfall und dem aktuellen Fahndungsstand sagte Lottmann kurzfristig wieder ab.

Überfall unter den Augen der Polizei

Die Magdeburger Polizei hat allen Grund, in dieser Angelegenheit die eigene Nase nicht zu auffällig zu zeigen. Denn Lottmanns Beamte gaben bei dem Überfall kein sonderlich gutes Bild ab.

Zunächst hatten sich starke Polizeieinheiten, darunter auch das Sondereinsatzkommando, durch einen fingierten Telefonanruf in einen weit entfernten Stadtteil locken lassen. Dort sollten angeblich rund 30 randalierende Jugendliche mit Ketten auf abgestellte Autos einschlagen. Vor Ort fanden die Beamten aber weder beschädigte Autos noch randalierende Jugendliche. Die Skins fanden durch diesen Schachzug jedoch genug Zeit für ihren offensichtlich geplanten Überfall.

Und das nahezu unter den Augen der Polizei. Denn sieben Polizisten hielten sich zur Zeit des Überfalls in der Nähe des Tatortes auf, griffen aber nicht ein. „Um mit einem Minimum an Aussicht auf Erfolg eingreifen zu können, hätten dort wenigstens 15 Leute sein müssen“, entschuldigte Polizeichef Lottmann die Zurückhaltung seiner Beamten.

„Daß auch Beamte in einer solchen Situation Angst haben, muß man einfach verstehen.“ Natürlich sei sofort Verstärkung angefordert worden, aber die sei leider zu spät gekommen. Wie der Wirt der überfallenen Gaststätte einer Magdeburger Zeitung schilderte, waren die Beamten erst etwa eine halbe Stunde nach Ende des Überfalls eingetroffen.