Serben in der Isolation

■ Belgrad reagiert gelassen auf Abzug der EG-Botschafter

Der Rückruf der Botschafter der EG aus Belgrad hat in der serbischen Presse bislang noch keine große Wirkung gezeigt. Genüßlich wurden gestern Äußerungen einzelner Diplomaten zitiert, denen zufolge einige Botschafter sich weigern wollen, dem Ruf aus Brüssel Folge zu leisten. Doch diese Beruhigungspillen, die für die serbische Öffentlichkeit bestimmt sind, werden wohl nicht helfen. Alle Botschafter der betroffenen Länder werden das Land verlassen, in Brüssel wird weiter über Sanktionen diskutiert, und auch der Vorschlag der USA, Rest-Jugoslawien aus der KSZE auszuschließen, wird fortan von der EG — trotz der griechischen Vorbehalte — gestützt. Zwar blockiert Rußland in diesem Gremium derzeit noch einen solchen Beschluß — Rußland hat über Jahrhunderte hinweg Serbien und Montenegro gegen Türken und Habsburger unterstützt —, doch allein die Debatte darüber hat den jugoserbischen Staat diplomatisch jetzt schon isoliert.

Und somit ist gerade das eingetreten, was der serbische Präsident Milosevic in den letzten Tagen noch verhindern wollte. Die Entlassung einiger Dutzend hochrangiger Militärs und die Veränderung der Befehlsstruktur wurden im Ausland nämlich als ein Manöver erkannt, das keineswegs auf die Beendigung des Krieges in Bosnien- Herzegowina zielt, sondern lediglich die serbisch-nationalistischen Kräfte in der Armee stärkt. Trotz aller anderslautenden Erklärungen werden sogar dieser Tage noch junge Männer zur Ableistung des Wehrdienstes aus Serbien nach Bosnien-Herzegowina gebracht.

Ob jedoch der Rückruf der Botschafter ausreicht, die jugoserbischen Truppen in Bosnien-Herzegowina zum baldigen Nachgeben zu zwingen, darf bezweifelt werden. Und auch Sanktionen, würden sie endlich beschlossen, könnten den Krieg kurzfristig nicht stoppen. Die Isolierung Serbiens und der ökonomische Boykott geben in Serbien selbst der demokratischen Opposition Argumente in die Hand, die Milosevic und den Rechtsradikalen gefährlich werden könnten. Angesichts dieser Konstellation hat jedoch der Repressionsapparat reagiert: Die im vorigen Jahr vom Regime zugestandene demokratische Spielwiese wird zunehmend eingezäunt.

Wie alle Maßnahmen der EG kommt auch diese sehr spät. Der Vorschlag, Jugoslawien den diplomatischen Status abzuerkennen und dann die einzelnen Republiken nach Erfüllung der EG-Auflagen — Akzeptierung von Minderheiten und Menschenrechten, Akzeptierung der bestehenden Grenzen — diplomatisch anzuerkennen, wurde ja schon im Oktober 91 von unterschiedlicher Seite gemacht. Erich Rathfelder