Wer darf das PVC ächten?

■ Staatsrat Bau will sich vom Kollegen Umwelt das Verbieten nicht verbieten lassen

Im Senat tobt ein erbitterter Streit um den Verzicht des extrem umweltschädlichen PVC bei allen öffentlichen Baumaßnahmen. Allerdings geht es nicht etwa, wie man zunächst erwarten könnte, um die Frage, ob denn nun der Einsatz des giftigen PVC verboten wird oder nicht. Gestritten wird vielmehr um die Frage, welches Ressort für das Verbieten zuständig ist.

Zuerst war da der Staatsrat Jürgen Lüthge. Im August 1980 erließ er als zweiter Mann im Umweltressort die Dienstanweisung 8.28, in der verordnet wird, daß sich der Staat beim PVC-Verzicht „beispielsetzend und vorbildlich“ zu verhalten habe. Nachdem die Anweisung bei den für die Materialbeschaffung entscheidenden Herren im Bauressort folgenlos blieb, verschärfte Lüthge im November 1990 die Formulierung: „PVC- haltige Baumaterialien dürfen in substituierbaren Bereichen nicht mehr verwendet werden.“ Doch Wirkung zeigte auch die verschärfte Formulierung nicht: So wurden zum Beispiel Uni-Neubauten weiterhin mit PVC-Fenstern ausgestattet.

Das brachte im Februar 1992 Staatsrat 2 auf den Plan: Uwe Lahl, inzwischen Nachfolger von Lüthge im Umweltressort, schrieb eine Senatsvorlage mit dem Ziel, den staatlichen PVC- Einsatz nun aber wirklich zu stoppen. Doch das sah Lüthge, inzwischen als zweiter Mann ins Bauressort gewechselt, plötzlich ganz anders: Ein genereller PVC- Verzicht sei nicht möglich, teilte er dem Kollegen Lahl mit und beantragte die Aussetzung der Senatsvorlage „auf unbestimmte Zeit“.

Natürlich ist auch Lüthge jetzt nicht plötzlich für PVC in Staatsbauten. Er beharrte lediglich darauf, mit seiner damaligen Anweisung 8.28 schon das Nötige getan zu haben. Schließlich eifern beide Staatsräte heftig um das Renomée des schärfsten Bremer Umweltfreundes. Und da wollte sich Jürgen Lüthge das Verbieten nicht verbieten lassen, von Uwe Lahl schon gar nicht.

Der Senat wollte sich wiederum den Staatsrat-Streit nicht bieten lassen und setzte das Thema PVC am 5. Mai einfach ab. Jetzt sollen sich die Streithähne erstmal zusammensetzen: auf einem Expertenhearing am 9. Juni. Das Ergebnis steht allerdings bereits fest: PVC soll in Staatsbauten nicht mehr verwendet werden. Ase