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Keiner will den Bürgermeister stürzen wollen

■ Dittbrenner will SPD-Gerüchteköchen per Rücktritt in die Suppe spucken

Dittbrenner will den Bürgermeister stürzen. Das Gerücht ist schön klar und einfach, und es gibt sogar ein Indiz: In der vertraulichen Sitzung des Koalitionsausschusses hat der SPD- Fraktionsvorsitzende zu später Stunde die Entscheidung des Senats — und damit dessen Präsidenten — kritisiert, über den künftigen Standort des Fruchtumschlags im Bremer Hafen erst Anfang Juni zu entscheiden - zwei Wochen nach einer Bürgerschaftssitzung, in der die CDU die Regierungsfraktionen mit einem Antrag dazu in Verlegenheit bringen wird.

Natürlich dementiert Dittbrenner ganz entschieden, jemals auch nur davon geträumt zu haben, an die Spitze des Bremer Kleinstaates zu gelangen. Und natürlich tun dies auch die anderen Träger der Namen, die jetzt — gerüchteweise — gehandelt werden. Und selbstverständlich lassen sich die Urheber der Gerüchte nicht mehr dingfest machen.

Da in der SPD allerdings sowieso niemand daran glaubt, daß Dittbrenner tatsächlich den Bürgermeister beerben könnte, tritt als wichtigste Frage die Folgende in den Vordergrund: Entstand das Gerücht vom Bürgermeister- Stürzer um dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Dittbrenner zu nützen oder um ihm zu schaden? Oder hat er es — gemeinste aller Verschwörungstheorien — womöglich selbst erfunden, um seinen fast vergessenen Namen mal wieder ins Spiel zu bringen?

Und hinter der Frage des „Warum?“ lauert natürlich sofort das noch viel interessantere „Wer?“. Am Koalitionsabend dabei waren neben FDP und Grünen sechs Genossen, die als potentielle Gerüchtestreuer in Frage kommen: Dittbrenner und Wedemeier selber, Isola, Beckmeyer, Lemke-Schulte und Kröning — wobei letzterer gestern versicherte, bereits nach Hause gegangen zu sein, als kurz vor Mitternacht der Tagesordnungspunkt Fruchtumschlag aufgerufen wurde.

Hat also Beckmeyer Wedemeier den Dittbrenner auf den Hals gehetzt, um seinen eigenen Namen aus dem Spiel zu kriegen, wenn Isola Ernst macht mit der angekündigten Senatsumbildung? Oder will Isola Dittbrenner beerben, indem er ihm Putschgelüste unterschiebt?

„Ich werde schon herausfinden, wer das war“, versprach Dittbrenner am Mittwochabend und drohte — nicht etwa mit einem Putsch, sondern mit seinem Rücktritt aus dem so schwer intrigenverseuchten Koalitionsausschuß: „Dann können die ihren Scheiß alleine machen und hinterher beim Fraktionsvorsitzenden anklopfen, was er davon hält“, verspricht Dittbrenner sich vom Rücktritt Machtgewinn.

Die SPD hat endlich wieder ein Thema, das alle interessiert. Aber keiner wills erfunden haben. Ase

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