Gefaßte Stimmung bei der ÖTV

■ ÖTV-Sprecherin Sönnichsen sprach von »schwieriger Situation für uns alle«/ Berliner Ergebnisse in etwa auf bundesweiter Linie/ Nur 44,1 Prozent für die Annahme des Tarifkompromisses

Berlin. Mit Fassung ist gestern bei der Gewerkschaft Öffentliche Dienste Transport und Verkehr (ÖTV) die Ablehnung des Tarifkompromisses durch die Basis aufgenommen worden. Bundesweit hatten sich nur 44,1 Prozent für die Annahme ausgesprochen — 50 Prozent wären jedoch erforderlich gewesen. Der Kompromiß sieht neben einer linearen Lohnerhöhung von 5,4 Prozent außerdem eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von 750 Mark und 200 Mark mehr Urlaubsgeld vor.

Die Berliner ÖTV-Sprecherin Martina Sönnichsen sprach gestern in einer ersten Stellungnahme von einer »schwierigen Situation für uns alle«. Man respektiere jedoch das Abstimmungsergebnis der Basis. Genauere Zahlen zur Berliner Abstimmung wollte sie nicht nennen. Die Ergebnisse lägen aber »in etwa« auf der Linie der bundesweiten Zahlen. Über das Ende des Streiks, der derzeit ausgesetzt ist, werde der Geschäftführende Hauptvorstand der ÖTV am 25. Mai in Stuttgart entscheiden, hieß es weiter. Der ÖTV- Vorsitzende Kurt Lange hatte schon am Mittwoch erklärt, »daß wir uns keine Zacke aus der Krone brechen«, sollte der Kompromiß abgelehnt werden.

Bei der Berliner »Gewerkschaft der Polizei« (GdP) wurde hingegen der Tarifvertrag von 68,1 Prozent angenommen. Hier waren 25 Prozent für die Annahme notwendig. Die Beteiligung an der zweiten Abstimmung lag jedoch bei nur 44 Prozent. Bei den Arbeitern lag die Zustimmung mit 62 Prozent deutlich niedriger als bei den Angestellten (70 Prozent). Sprecher Dieter Großhans bedauerte gestern, nicht mehr Zeit gehabt zu haben, »um den Mitgliedern klarzumachen, was ausgehandelt wurde«. Insgesamt sei das Ergebnis aber für seine Gewerkschaft »ausreichend«.

Auch die Deutsche Postgewerkschaft (DPG) zeigte sich mit dem Abstimmungsverhalten ihrer Mitglieder zufrieden. Bundesweit hatten 51,4 Prozent für die Annahme votiert, auch hier sahen die Statuten 25 Prozent Zustimmung vor. Der Berliner DPG-Vorsitzende Bernd Lindenau nannte für Berlin ein Ergebnis in der »Größenordnung um 45 Prozent«. Einer Fortsetzung des Streiks trotz des ÖTV-Ergebnisses erteilte Lindenau eine Absage. Ein solches Vorgehen würde bei den anderen Einzelgewerkschaften nur auf »Unverständnis« stoßen. Für die Postgewerkschaft sei der Streik nun beendet. Auch bei der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) wurde das Ergebnis akzeptiert. Die Berliner Zahlen hätten sich im Bundesdurchschnitt von 39,4 Prozent bewegt, hieß es dazu.

Unterdessen gingen gestern die Warnstreiks in der Berliner Metallindustrie weiter. Rund 4.000 Metaller waren auf den Straßen der Stadt. Zentrum der gestrigen Aktionen war Spandau. sev