BUNSENBRENNER
: Hormonbad

■ Das sexuelle Schicksal wird in Mutters Bauch bestimmt

Wie man sich bettet, so liebt man. Potenzbolzen oder Schlappschwanz, daß sexuelle Schicksal wird von der Lage der Dinge in Mutters Bauch bestimmt — zumindest bei männlichen Rennratten. In einer Studie der McMaster-Universität in Ontario untersuchten Wissenschaftler, welchen Einfluß die vorgeburtliche Lage in der Gebärmutter auf Paarungsverhalten und Erfolg bei der Fortpflanzung dieser ursprünglich in der Mongolei beheimateten Rattenart hat.

So wurde das Sexualleben von Männchen, die neben männlichen Geschwistern im Uterus aufgewachsen sind, mit dem von Männchen, die in Nachbarschaft zweier Schwestern heranwuchsen, verglichen. Dabei kamen die Forscher zu erstaunlichen Ergebnissen. „Es war überraschend“, so Benett Galef, Professor der Psychologie an der McMaster- Universität. „Das Ausmaß der Folgen ist tatsächlich sehr groß. Fast alle Verhaltensabläufe, die wir beobachtet haben, werden durch die Lage der Gebärmutter beeinflußt.“ Die Männchen, die von zwei Brüdern im Mutterleib umgeben waren und aufgrund dessen von beiden Seiten in einer Flüssigkeit badeten, die mit dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron angereichert war, entwickelten sich zu Supermännchen. Diese größeren, gewichtigeren und auch intensiver riechenden Männchen waren beim Sex schneller, erfolgreicher und zeugten darüber hinaus auch noch mehr Nachkommen. Paarungsbereite Weibchen bevorzugten die Gesellschaft dieser supermaskulinen Ratten. Auch bei den weiblichen Tieren zeigte sich der Einfluß der vorgeburtlichen Lage: Weibchen, die mit Schwestern links und rechts neben sich heranreiften, profitierten ebenfalls vom gleichgeschlechtlichen Hormonbad. Sie hatten mehr Nachwuchs als Weibchen, die von Brüdern flankiert aufwuchsen, und wurden zudem wesentlich schneller zeugungsfähig; manchmal sogar bevor sich ihre Augen öffneten. Die Erkenntnisse aus dieser Studie legen die Vermutung nahe, daß es wohl die beste Strategie für einen späteren Fortpflanzungserfolg wäre, Männchen auf der einen und Weibchen auf der anderen Seite im Uterus zu plazieren, um den Hormonfluß zu trennen und optimale Verhältnisse zu schaffen. Tatsächlich „sortieren“ sich die Ratten-Feten in dieser Weise in der Gebärmutter. Das trächtige Weibchen, so vermuteten die US- amerikanischen Forscher, verändert möglicherweise die chemischen Bedingungen im Uterus in der Weise, daß weibliche und männliche Keimlinge sich an verschiedensten Stellen einnisten. Wie diese vorgeburtliche Geschlechtertrennung abläuft, ist jedoch noch völlig unklar. „Wir wissen nicht, wie das Weibchen dies macht. Wir wissen nur, daß sie es macht“, resümiert Galef. Thomas Kröncke