Vom Stasi-Knast zum Denkmal

■ Aus dem ehemaligen Stasi-Gefängnis soll eine »zentrale Gedenkstätte« werden/ Beim Tag der offenen Tür gab es schon Besinnliches: BesucherInnen prügelten das Personal und klauten Souvenirs

Hohenschönhausen. Der Berliner Kultursenat soll sich intensiver mit der Umwandlung des ehemaligen Stasi-Gefängnisses Hohenschönhausen zu einer Gedenkstätte befassen und dazu einen Beschluß des Berliner Abgeordnetenhaueses herbeiführen. Darum bat gestern der Hohenschönhausener Kulturstadtrat Rainer Hartmann (Bündnis 90) den zuständigen Senator Ulrich Roloff- Momin.

Schaulustige Schläger

Die Hohenschönhausener mahnen zur Eile, weil bei dem vor einer Woche veranstalteten Tag der offenen Tür in dem Ex-Stasi-Knast teilweise chaotische Zustände herrschten: BesucherInnen griffen Ordnungspersonal an und betätigten sich zudem als SouvenirjägerInnen. Hunderte von Schaulustigen hatten am vergangenen Sonnabend das von der Roten Armee erbaute und 1960 von der Stasi übernommene Gefängnis besucht. Einige der BesucherInnen brachen Türen auf und drangen in das »Ambulatorium« des Gefängnisses ein. Die vom Hohenschönhausener Gartenamt als OrdnerInnen ausgeliehenen Leute wurden als »Stasi- Schweine« beschimpft und sogar geschlagen. Kulturstadtrat Hartmann forderte, daß bei künftigen Besichtigungen — etwa dem nächsten Tag der offenen Tür im Juni — nur Führungen mit begrenzten TeilnehmerInnenzahlen zugelassen werden.

Beim gestrigen Treffen der Volksbildungsstadträte stellte der Hohenschönhausener Jugend- und Kulturstadtrat das Gedenkstättenkonzept der Bezirksverordnetenversammlung vor. Danach soll der Gefängniskomplex »als historisches Denkmal« erhalten bleiben. Bestimmte Teile, wie das sogenannte »U-Boot«, sollten im Originalzustand zu besichtigen sein. Das »U-Boot« war ein unterirdischer Gefängnisteil, dessen Zellen unter Wasser gesetzt werden konnten.

Zentrale Gedenkstätte

Großes Interesse an einer Gedenkstätte äußerten inzwischen auch die Verbände ehemaliger DDR-Häftlinge. Es müsse nun endlich ein formeller Beschluß des Berliner Abgeordnetenhauses erreicht werden, klagte Harald Strunz ein, Vorsitzender der »Allianz der Opferverbände kommunistischen Terrors«. Bislang liegt ein solcher Beschluß nicht vor. Der Berliner Senat will, daß in Hohenschönhausen »eine würdige Gedenkstätte« entsteht. Der Kultursenat arbeite daran »mit Hochdruck«, sagte gestern Pressesprecher Rainer Klemke. Aus dem Untersuchungsgefängnis der Stasi solle eine »zentrale Gedenkstätte« für die Opfer der Ex-DDR werden.

Neben dem Ort des Gedenkens müsse es aber auch eine Dokumentations- und Forschungsstelle geben, meinte Harald Strunz von der »Allianz«. Diese sollte im »Haus 1« der ehemaligen Stasi-Zentrale in der Normannenstraße eingerichtet werden. Die »Allianz der Opferverbände kommunistischen Terrors« strebt damit eine ähnliche Aufgabenteilung wie zwischen Plötzensee und der Gedenkstätte »Deutscher Widerstand« in der Stauffenbergstraße an. Hier der Ort des Erinnerns, dort der historischer Forschung und Dokumentation. Christian Füller