■ REZEPTE AUS DER KOCHSTRASSE
: FRÜHSTÜCK MIT MARLOWE

„Philip Marlowe hat dauernd was zu meckern. Meistens schmeckt es ihm nicht. Trinken, klar. Aber Essen... Die einzige Mahlzeit, die er regelmäßig zu sich nimmt, ist das Frühstück:

zwei Tassen schwarzen Kaffee, dann ein Drink, zwei hartgekochte Eier mit einer Scheibe zerbröseltem Toast, noch mehr Kaffee mit einem Schuß Brandy.“

Auch Sue Graftons Heldin Kinsey Millhone hat ihr Standardfrühstück: „Schinken, Rühreier, Toast, Konfitüre und Orangensaft, mit jeder Menge Kaffee dazu. Das ist das einzige Essen, dem ich beständig treu bleibe, weil es alle Elemente enthält, nach denen sich mein Körper sehnt: Koffein, Salz, Zucker, Cholesterin und Fett. Wie soll man da widerstehen?... Fast food verschlingt sie meistens dann, wenn sie gerade zuvor eine längere Strecke gejoggt ist... Eines Tages wird sie von einem Mann zum Essen eingeladen... Die Mahlzeit, die folgte, war eine der sinnlichsten, die ich jemals erlebt hatte: frisches zartes Brot mit blättriger Kruste, bestrichen mit einer sahnigen Pastete. Boston-Salat mit einer köstlichen Vinaigrette. In Butter gebratene Seezungen, serviert mit saftigen grünen Trauben. Zum Nachtisch gab es frische Erdbeeren mit einem Schlag Sahne. Wer derart genüßlich auftischen läßt, muß Dreck am Stecken haben.“

„Sam Hunter ist ein scharfer Typ — in jeder Beziehung. Und ein ziemlich harter Brocken... Hunter ißt vorwiegend mexikanisch — scharf, sehr scharf ...

ein Stückchen Hühnerfleisch, ein Stück Orangenschale aus Shanghai, eine scharfe Pfefferschote ... und dann explodierte ein wahres Geschmacksfeuerwerk zwischen den Zähnen...

Frühstück mit Marlowe von Frank Göhre, selbst Krimiautor, ist ein kulinarischer Streifzug durch die internationale Krimiszene mit 180 Rezeptideen und vielen „sachdienlichen Hinweisen“ auf die Großen der Krimiliteratur. Er reicht von panierten Schweinsfüßen in Harlem, wo man „ganz schön schwarz sein muß, um da zu leben“, bis zum Killerfrühstück in San Francisco. Und endet in Europa mit den mörderischen Gelüsten des Alfred Hitchcock. Die Rezepte möchte ich nicht unbedingt alle ausprobieren, aber das Buch ist schon wegen der amüsanten Geschichten und der Illustrationen von Hendrik Dorgathen sehr zu empfehlen.

Ungelöste Mordfälle und verzwickte Korruptionsgeschichten machen nun mal hungrig. Der oberste Polizist New Yorks hat zudem noch einen „Bandwurm, den er ständig füttern muß“. In Chinatown löffelte er Schüssel um Schüssel Eiersuppe. Er bestellte Pekingente mit Pflaumensoße... aß Shrimp-Bällchen mit scharfem Pfeffer. Er aß Huhn à la General Ming. Er trank Pflaumenwein mit dem Koch. Er aß Pistazieneis, und ihm tat der Bauch weh. Er hatte dem Wurm ein Festessen geboten, und Isaac ging wie ein betrunkenes Zelt nach Hause...

Rowohlt Verlag 1991, geb., ca. 150 S., DM 48

Jerome Charyn: Der gute Bulle, Rotbuch Verlag 1992, DM 16, Umschlag: H. Dorgathen