: Chaos in Adlershof
■ Medienausschuß versuchte Licht in das ABM-Wirrwarr beim Deutschen Fernsehfunk zu bringen
Berlin. Wie es nun wirklich ausschaut mit ABM-Firmen und Qualifizierungsprojekten beim abgewickelten Deutschen Fernsehfunk, wollte der Medienausschuß des Abgeordnetenhauses wissen und begab sich am Freitag vor Ort.
Bis zum 31. Dezember 1991 hatten die Mitarbeiter brav ihren Dienst in Adlershof versehen. Wer von den einst rund 11.000 Beschäftigten dann nicht bei einer anderen Anstalt unterkam, dem blieb nur noch eine Hoffnung: U-W-A, »Umschulung, Weiterbildung, Arbeitsbeschaffung«.
Leiter der Arbeitsgruppe U-W-A war Ferdi Breidbach, ehemaliger PR-Mann bei Philip Morris. Die umstrittenen Ergebnisse seiner Bemühungen brauchen ihn nicht weiter zu kümmern: Er fand einen neuen Aufgabenbereich beim Springer-Verlag.
Im stickig-vollen Sitzungssaal versuchten die Damen und Herren Abgeordneten nun, sich aus dem Gewirr von Zuständigkeiten verschiedener Arbeitsämter, Servicegesellschaften und ABM-Firmen einen Reim zu machen. Vergebens. Je nach Rechenart kam man auf 500 bis 1.500 AB-Maßnahmen für rund 3.000 bis 4.000 arbeitslose DFFler. Genaue Zahlen konnte weder das Arbeitsamt noch die Senatsverwaltung für Frauen und Arbeit nennen. Die Zahlen sagen zudem wenig über die Qualität der einzelnen Projekte aus.
Ursula Bergmann, eine von fünfzig Frauen, die sich zur Journalistinneninitiative Ost (JO) zusammengetan haben, beklagte sich bitter über schlechte Dozenten, westliche Abzockermentalität, schlechte Organisation und niedrige Löhne. Auch Kurt Wendt von der IG Medien bescheinigte Breidbach zwar, »eine gute PR-Arbeit« geleistet, aber »wenig Qualität« hervorgebracht zu haben.
Das Geschäft mit der Arbeitslosigkeit blüht und lockt so manchen Glücksritter an. Ins Zwielicht geraten sind zum Beispiel »Umwelt TV«. »Kultur TV« und »Industrie TV«, drei kleine Produktionsfirmen für 120 ABM-Kräfte, die sich auf dem Adlershofer Gelände niedergelassen haben.
Seit Januar arbeitet so mancher Mitarbeiter für lau. Das Arbeitsamt weist aufgrund fehlender Unterlagen die Gelder nicht an. Dr. Bruno Hennig, alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der drei GmbHs, weigert sich, die geforderte Bankbürgschaft beizubringen.
Leidtragende der Auseinandersetzungen ist die Belegschaft. Neben »Umwelt TV« haben sich mittlerweile eine Reihe anderer Unternehmen von der Oberpostdirektion bis zum Friseur in Adlershof niedergelassen, das Wirtschaftssenator Norbert Meisner gerne zum Technologiezentrum ausbauen möchte. mail
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